Frieder Kühner – Ein Künstler über sich und sein Handwerk

Frieder Kühner ist ein zeitgenössischer Künstler, der sich darin versteht mit der Rückführung auf einfache Handwerkstechniken große Raumwirkung zu erzeugen. Bis zum 10. November kann nun im Sudhaus betrachtet werden, was passiert wenn ein Stück Architektur auf einer Leinwand verewigt wird. 

Das Herz Reinhardt Brunners vom Sudhaus schlägt lauter, wenn es um das Thema des Minimalismus in der modernen Kunstszene geht. Daher kommentiert er auch den Ausstellungsbeginn der Werke des zeitgenössischen Künstlers Frieder Kühner passend: „Das Konkrete geht leider immer häufiger verloren. Frieder passt daher perfekt in den Raum des Sudhauses.“ Tatsächlich lud der Künstler zur Vernissage all diejenigen ein, die sich frei von einer vorgegebenen Interpretation an den feinen Linien seines ganz individuellen Pinselduktus erfreuen möchten. Bis zum 10. November kann nun noch betrachtet werden, was passiert, wenn ein Stück Architektur auf einer Leinwand verewigt wird. 

Zahlreiche Kunstbegeisterte sind am 27. September in das Sudhaus gekommen, um mit Frieder Kühner zu feiern. ©Foto: Lisa Keppner

„Wie ein Kind mit Bausteinen“

Unter dem Motto der Harmonisierung sollen die Farben seiner Werke eine Einheit mit ihrer Position im Raum bilden. Starke Pop-Farben oder gar schimmernde Farbtöne finden daher keinen Platz in seiner Arbeit. Auf verschiedenen Ebenen wird mit Kolorierung eine Tiefe erzeugt, die ganz konkret aufzeigen soll, wie viel Spaß sich auch heute noch an den einfachen handwerklichen Tätigkeiten der Kunst finden lässt. Dabei fand Frieder Kühner seine Liebe zum Handwerk schon in frühen Jahren. Bereits als Kind in Heilbronn setzte er sich oft in die Werkstatt verschiedenster Gesellen, um von ihren alltäglichen Arbeiten Techniken für sein eigenes Tun lernen zu können. Er wollte „immer irgendwas bauen“ und tatsächlich beschreibt sich Frieder Kühner noch heute in seiner Arbeit als „ein Kind mit Bausteinen“.

Frieder Kühner überzeugt mit Farben, die Tiefe erzeugen können. ©Foto: Lisa Keppner

Arbeitsprozess mit Raum für freies Experimentieren

Mit 14 Jahren beginnt Frieder Kühner zu malen. Aus alten Skizzen werden Ideen mit der Zeit immer wieder neu aufgriffen und sammeln sich so zusammen zu einer großen Sammlung. Über 100 Skizzen finden sich daher mittlerweile auf einzelnen Zetteln in seiner Arbeitswerkstatt, die dann später am Computer digitalisiert und an denen mit einem simplen Programm weiterexperimentiert wird. „Aus vielen Puzzleteilen wird so ein Prozess, der auf verschiedenen Ebenen geschieht. Man muss es einfach ausprobieren“, kommentiert er seine Arbeitsentwicklung. Ohne Druck und strenge Vorgaben, frei der eigenen Experimentierfreude nachgehend, arbeite er deshalb auch am besten. Der Blick in die Außenwelt, auch ins Ausland, bleibt immer besonders wichtig für Frieder Kühner. Oft richtet er sein Interesse an die moderne Kunst Japans und arbeitet mit internationalen Künstler:innen zusammen. „All diese Ideen, die wir visuell für uns brauchbar machen können, kann man verwenden und ich verwende sie auch“, gibt er im Interview preis.

Abbildungen der Skizzen sind direkt am Eingang der Ausstellung ausgehangen. ©Foto: Lisa Keppner

Das Konzept der Raumwirkung

„Manchmal dauert es zehn Stunden. Manchmal zehn Jahre.“, lacht Frieder Kühner, als man ihn danach fragt, wie viel Zeit er in eines seiner Bilder steckt. Dabei sieht er sich in seiner Rolle als Künstler ganz simpel als den ersten Betrachter und den strengsten Kritiker. 

Frieder Kühner im Gespräch mit Reinhold Maas. ©Foto: Lisa Keppner

Namen gibt er seinen Werken nicht. „Ich will nicht über einen Titel Literatur machen“, betont er. Jedem Menschen sei es freigestellt, ob er sich Gedanken zu einem Bild machen möchte oder eben nicht. Jeder sieht etwas anderes, hat seinen eigenen Hintergrund, den er auf die Bilder projiziert, und wirklich wirken könne Kunst zudem sowieso nur mit ausreichend Zeit. Jene werde Betrachter:innen oft durch die kurze Beschreibung eines Werkes beraubt.

Ausschnitte einer Serie ohne Titel. ©Foto: Julian Böhm

Kühner betont, dass ein Konzept seiner konstruktiven Kunst einen Schluss durch sein Natürliches-zu-Ende-kommen selbst findet. Jedes Detail habe irgendwann seinen Platz gefunden und führe so zu dem gewünschten letzten Pinselstrich. Sein Selbstanspruch besteht dabei darin, nicht zu versuchen, sich selbst als Künstler in den Werken zu präsentieren, sondern die Kunst als jene, wie sie einzeln für sich lebt, greifbar zu machen und aufzuzeigen. Das Handwerk hervorheben und „keine Marke präsentieren“, fasst er treffend zusammen, wie er sich neben seinen Werken platziert. Nicht individuell, sondern in eine Reihe von Künstler:innen, die konkrete Kunst machen, ordnet sich Frieder Kühner ein. Das, was entsteht, steht für sich allein, wie man es dann letztlich bezeichnet, das ist ihm nicht wichtig. Die Begriffe seien schließlich von Journalist:innen geschaffen worden, nicht von Künstler:innen. Werke, die ihres Handwerkes wegen glänzen, die simpel und deshalb einzigartig sind, dadurch zeichnet sich Frieder Kühner aus. Der Name dahinter erscheint ihm zweitrangig. 

Eine Ausstellung, die ein Leben zeigt

Die Bilder von Frieder Kühner beleuchten den nach dem „White Cube“-Prinzip mit reichlich Sonnenlicht ausgestatteten Raum des Sudhauses. Mit viel Farbe und Form wird an den weißen Wänden über große Leinwände eine neue Ebene erzeugt. 

Blick in die Ausstellung. ©Foto: Julian Böhm

Begonnen hat die Arbeit an der Serie, die nun zu Teilen im Sudhaus ausgestellt ist, zu seinen Zeiten im Kunstmuseum in Gelsenkirchen. Auf einem quadratischen Grundriss sollte er Skulpturen erstellen, die in ihrer Einheit eine ästhetische Raumwirkung erzeugen sollten. Frieder Kühner allerdings war anderer Meinung. Mit roten Bändern ging der Künstler zurück auf einfache Handwerkstechniken, um die Wände der Räume nicht vollzustellen und diese zu verstecken, sondern im Gegensatz mit ihnen zu spielen und die Raumwirkung hervorzuheben.

Inspiriert von diesen Linien am Boden ist so eine Serie aus mindestens 20 Bildern entstanden, die die Bänder in sich tragen. Diese stieß bereits damals auf rege Begeisterung und weiß nun auch im Sudhaus, neben zahlreichen Skizzen und anderen Serien von sich zu überzeugen.