Mit dem ebenso poetischen wie rätselhaften Titel „Von Geburt an Jackenpflicht“ eröffnen wir die Ausstellung des Tübinger Künstler Leo Staigle in der Galerie Peripherie. Bereits zur Vernissage wird deutlich: Hier begegnen wir nicht nur einer Sammlung von Bildern, sondern einer durchdachten, vielschichtigen künstlerischen Welt – erweitert durch einen Artist Talk, in dem Leo Staigle selbst Einblicke in seine Gedanken und Arbeitsprozesse gibt.
Zwischen Realität und Anderswelt
Leo Staigles Landschaftsdarstellungen sind weit mehr als bloße Naturabbildungen – sie sind surreale Räume, in denen sich bekannte Architektur- und Naturelemente mit ungewöhnlicher Farbgebung und atmosphärischer Lichtführung verbinden. Das Ergebnis sind Szenerien, die einerseits vertraut wirken, andererseits in eine fremde, fast traumartige Wirklichkeit überführen. Es sind Landschaften, die sich jeder eindeutigen Lesbarkeit entziehen – durch gezielte Leerstellen im Bild entstehen Fragen, keine Antworten. Ein Einladen zur Suche, zum Verweilen, zum Verirren.

Ausstellungsansicht. © KuneArts

Ausstellungsansicht. © KuneArts

Ausstellungsansicht. © KuneArts
Die Landschaft als Spiegel
Seit 2020, dem Beginn seines gezielten künstlerischen Arbeitens, hat sich Staigle bewusst der Gattung der Landschaft zugewandt. Warum? Vielleicht, weil die Landschaft ein Terrain ist, das gleichzeitig Projektionsfläche wie auch Spiegel innerer Zustände sein kann. „Die Landschaft ist für mich kein Ort, sondern ein Zustand“, so Staigle im Gespräch. In ihr lässt sich das Unbewusste materialisieren – ganz ohne die Darstellung menschlicher Figuren.
Die Abwesenheit des Menschen
Auffällig ist: In Staigles Bildwelten fehlen Menschen. Ihre Abwesenheit jedoch spricht Bände. Die Räume wirken dadurch entrückt, beinahe verlassen – aber nie leblos. Stattdessen scheint alles zu atmen, zu schweben, sich einem starren Zeitbegriff zu entziehen. Der Mensch ist zwar nicht zu sehen, aber spürbar. Es ist eine indirekte Präsenz – in der Perspektive, der Stimmung, der Fragilität.
Ein Titel, der hängen bleibt
Und dann ist da noch der Ausstellungstitel: „Von Geburt an Jackenpflicht“. Ironisch? Melancholisch? Politisch? Staigle lässt die Deutung offen. Er spricht von einem Gefühl permanenter Anpassung, von der Notwendigkeit, sich zu schützen – „emotional, gesellschaftlich, vielleicht auch meteorologisch.“ Der Titel ist ein Bild, ein Satz, ein Zugang – wie seine Malerei selbst.
Die Ausstellung läuft noch bis zum 11. Mai 2025.
VON GEBURT AN JACKENPFLICHT. Leo Staigle
Laufzeit: 05.04.-11.05.2025
Ort: Galerie Peripherie, Hechinger Straße 203, 72072 Tübingen
Öffnungszeiten: Do-So 17-20 Uhr
Eintritt frei
Künstler: Leo Staigle
Projektteam: Reinhard Brunner, Elisabeth Weiß, Jessica Plautz, Natalie Savas
Eine Kooperation der Galerie Peripherie mit KuneProjects und Leo Staigle.