Baselitz-Richter-Polke-Kiefer – Namen deutscher Künstler, die heute nicht populärer sein könnten. Überdimensionale Marktpreise und zahlreiche Blockbusterausstellungen auf der ganzen Welt führten dazu, dass diese vier Namen als Aushängeschilder für deutsche künstlerische Qualität der Nachkriegszeit verwendet werden. Dass dann die Staatsgalerie Stuttgart mit dem Kurator Götz Adriani in einer Sonderausstellung diese deutschen Könige der Malerei zusammenführt, macht neugierig. Welche Werke werden zu sehen sein? Wie funktioniert eine gemeinsame Nebeneinanderstellung dieser Künstler, deren Biografien doch unterschiedlich verlaufen sind?
Im Fokus der Ausstellung stehen die 1960er Jahre. Im Vorraum kurz chronologisch unter sozialpolitischen Aspekten skizziert werden. In diesem Jahrzehnt sind die vier Künstler in unterschiedlichen Ausbildungsstadien oder im Übergang zu dem „Danach”. Aus diesem Grund kann man mit der in der Ausstellung zu sehenden Werkauswahl bei allen Künstlern eine motivische und/oder technische Entwicklung sehen. Mit je 20-25 Werken sind die Künstler in der Stirling-Halle vorwiegend mit Malereien präsentiert.
Der Beginn der Ausstellung machen die von Erdtönen beherrschten Malereien Georg Baselitz‘. Beeinflusst von den politischen ost- und westeuropäischen Ideologien, malt dieser irgendwo zwischen Figuration und Abstraktion. Auf die zerrissenen Heldenbilder und angestückelten Frakturbilder folgt 1969 die Motivumkehr, die berühmten „auf dem Kopf“ stehenden Bilder.
Direkt ohne Übergang, folgen die vorwiegend schwarz-weiß Malereien Gerhard Richters. Teilweise vermitteln kleine Abbildungen von Zeitungsausschnitten die Quellen der vorgefundenen Motive. Bunter und ironischer wird es mit Sigmar Polke. Siebdruckarbeiten, die Nutzung von vorgefundenen Textilien und Einarbeitung von Text lassen etwas mehr schauen, mehr entdecken und mehr schmunzeln.
Die Abschlussarbeit Anselm Kiefers‚ Kunststudium „Besetzungen“ von 1969 nimmt großen Raum ein. In jenem Werk hält sich der Künstler, gekleidet in der Militäruniform seines Vaters, stehend mit dem Hitlergruß ausführend, fotografisch fest. Doch auch die etwas späteren erdtönigen, großen, aneinander gestückelten Leinwandbilder Kiefers, finden zum Abschluss der Ausstellung ihren Platz.
>> Was fehlt sind aber Bezüge. Bezüge unter diesen „vier Namen“. Keine biografischen, sondern technische und motivische Bezüge.<<
Dieser kleine Rundgang zeigt Werke aus den 1960er Jahre der „vier Namen aus Deutschland, die in der ganzen Welt bekannt sind“ mit Blick auf die sozialpolitischen Umstände. Was fehlt sind aber Bezüge. Bezüge unter diesen „vier Namen“. Keine biografischen, sondern technische und motivische Bezüge. In der Ausstellung fehlt jegliche Vermittlung, die ein solches Faß hätte anstoßen können. Oder gibt es keine Gemeinsamkeiten, Unterschiede oder Parallelen? Wieso sind immer wieder realistische Motive in ihren Werken zu finden? Was hat es mit der Farbwahl der Künstler auf sich?
Allein eine Nennung der verwendeten Materialien in der Bildlegende, unter den netten Leihgebern, hätte schon eine neue Sicht auf die Werke vermitteln können. Aber all diesem wurde abgesagt. Wer sich mit dieser Kunst nicht auskennt, hat immer noch die schönen Bilder der „vier Namen aus Deutschland, die in der ganzen Welt bekannt sind“ anzusehen.
Die Ausstellung ist noch bis zum 18.08.2019 in der Staatsgalerie Stuttgart zu sehen. Danach zieht sie weiter in die Deichtorhallen Hamburg (12.09.2019–05.01.2020).
Die Bilder in diesem Beitrag wurden aufgrund des Urheberrechts entfernt. (Januar 2020)