Jede Menge Kunstgeschichte am Neckar: Ein Rundgang durch das Diözesanmuseum Rottenburg

Direkt am Neckar, in einer ehemaligen Klosterkirche, präsentiert das Diözesanmuseum seine Sammlung zwischen Frühmittelalter und Moderne. Neben den sakralen Werken von erstaunlicher Kunstfertigkeit hat uns auch der architektonische Rahmen überrascht.

Die Sammlung des Bischofs. Anfänge des Diözesanmuseums

Vor dem Ausflug ins Museum steht die Recherche: Die Ursprünge der Museumssammlung gehen auf den Bischof von Rottenburg, Joseph von Lipp, zurück, der die ersten Sammlungsteile 1862 von einem Rottweiler Pfarrer erwerben konnte. Seitdem ist die Sammlung stetig gewachsen, heute zählt sie zu einer der bedeutendsten ihrer Art. Im Gewölbekeller im Untergeschoss befindet sich die Schatzkammer: Eine Sammlung von Messgeräten und -gewändern und dem ältesten Objekt im Museum. Das Ennabeurer Bursareliquiar wirkt unscheinbar, doch seine Geschichte reicht bis ins 7. Jahrhundert zurück. Die jüngsten Werke sind von zeitgenössischen Künstler:innen und kommentieren die Dauerausstellung. Die Kirche des ehemaligen Karmeliterklosters mitten in Rottenburgs Altstadt beherbergt die Kunstwerke seit 1996.

Kirchenbau upgedatet. Das Diözesanmuseum in der Karmeliterkirche

Dem Umzug vorangegangen war ein Architekturwettbewerb, den der Stuttgarter Architekt Eckehard Janofske gewann. Seine Vision war ein „Haus im Haus“, das das Raumgefühl der Kirche mit ihrem hohen Gewölbe weiterhin spürbar werden ließ. So entstand ein Einbau aus Beton, der wie eine Empore in den ehemaligen Kirchenraum hineinragt. Die Fensternischen der barocken Kirche bilden nun einen stilvollen Rahmen für die Kunstwerke, die unverputzten Betonwände einen spannenden Kontrast.

Große und kleine Namen. Die Bildwerke des Diözesanmuseums

Das Erdgeschoss gehört fast ausschließlich der Malerei, die sich museal an weißen Wänden in kleinen Räumen unter der Betonempore präsentieren und luftig-leicht in den Bögen der Fensternischen. Fokuspunkt beim Betreten des Museums ist eine Kreuzigungsgruppe, die monumental an der Betonwand gegenüber dem Eingang hängt und von einem Kunstwerk von Susanne Röwer („Bedeutungsvoll“, 2021) kommentiert wird. Die mittelalterlichen Werke sind eine Lehrstunde der Kunstgeschichte und decken die Bandbreite des ikonografischen (und ikonologischen) Kanons ab. Eine gute Gelegenheit, das kunsthistorische Auge zu schulen oder einfach nur die Kunstfertigkeit der mittelalterlichen Meister zu bewundern. Zu den Highlights gehört eine Dreifaltigkeitsdarstellung des Meisters von Meßkirch, der zu den bedeutendsten Malern der Renaissance in Süddeutschland gehört. 

Fein geschnitten und farbig gefasst. Die Skulpturen des Diözesanmuseums

Die erste Etage, die von der Betonempore gebildet wird, ist der Skulpturensammlung des Museums gewidmet. Die in ihrer Blockhaftigkeit erstaunlich modern wirkende Christus-Johannes-Gruppe aus Sulzdorf (aus dem Jahr 1360) bildet hier einen kunsthistorisch spannenden Gegensatz zum „Johannes dem Evangelisten“ von Hans Multscher (um 1440). Die Reihung der recht monochromen Figuren, die wie so viele Skulpturen des Mittelalters ihre Farbfassung verloren haben, werden von einer Figur der heiligen Katharina von 1470 in originaler Farbfassung unterbrochen. So präsentiert die gezeigte Objektauswahl die ganze Vielfalt mittelalterlicher Bildhauerei. Außergewöhnlich sind die Andachtsbilder und -gegenstände, die eine ganz andere Frömmigkeit dokumentieren. In der Häuslichkeit des späten 18. und 19. Jahrhunderts wollten die Gläubigen eine persönliche Beziehung zu den Heiligen aufbauen und brachten sie in ihre Wohnräume, wo sie auch dekorative Zwecke erfüllten.

Gold und Silber. Die Schatzkammer im Untergeschoss des Diözesanmuseums

In einem Gewölbekeller befindet sich die „Schatzkammer“, eine Sammlung von Messgewändern und -objekten. Hier wird auch das Ennabeurer Bursareliquiar aufbewahrt. Das kleine Gefäß aus dem 7. Jahrhundert ist mit aufwändigen Ziselierungen verziert. Gegen die barocke Monstranz, die den Blickfang im Raum bildet, wirkt es aber beinahe schlicht. 1755 in Augsburg entstanden, ist sie übervoll mit Figuren, Edelsteinen und Architekturelementen überzogen.

Ein Altarbild vor einem hohen Fenster.
Die Fensternischen der ehemaligen Kirche bilden einen stilvollen Rahmen für die Altarwerke. ©Foto: Hanicz

Viel Zeit auf wenig Raum. Unser Besuch im Diözesanmuseum

Das Museum überzeugt mit seiner über Jahrhunderte spannenden Sammlung mit unterschiedlichsten Kunststilen, die oft nur exemplarisch gezeigt werden. Für Studierende der Kunstgeschichte (und auch Kunsthistoriker:innen) ist es ein idealer Ort, um das Auge zu schulen und hochwertige Kunst zu bestaunen. Durch die überschaubare Größe der Ausstellung bleibt genug Zeit, sich in jedes Objekt zu vertiefen. Zu Recherchezwecken liegt ein Katalog an der Museumskasse zum Verleih aus. Neben der Dauerausstellung zeigt das Museum auch regelmäßig Sonderausstellungen und bietet ein umfassendes Begleitprogramm. Im kommenden Jahr wird das Museumskonzept überarbeitet, ein Besuch lohnt sich aber auch jetzt schon.

Diözesanmuseum Rottenburg
Karmeliterstr. 9
72108 Rottenburg am Neckar

www.dioezesanmuseum-rottenburg.de