„Realträumen“ eine Ausstellung von Ute Diez, die Barrieren überwindet 

In unterschiedlichen Medien zeigt Ute Diez in der Galerie im Gewölbe ihre künstlerische Herangehensweise und ihre Sicht auf die Welt. Als Stipendiatin der Habila GmbH Stiftung beschäftigt sie sich unter anderem mit der Überwindung von Barrieren in der Kunst und fördert die Inklusion.

Ute Diez, eine Stipendiatin der Habila GmbH Stiftung, präsentiert unter dem Titel „Realträumen“ in der Galerie im Gewölbe ihre Schriftzeichnungen, Installationen und auch Kunst am Bau. Durch ihre Werke gewährt sie einen Einblick in ihre künstlerische Herangehensweise und ihre Sicht auf die Welt. Besucher:innen sind eingeladen, sich mit einer raumfüllenden Installation zu beschäftigen, die zum Spielen und Interagieren einlädt. Bälle die mit Textfragmenten aus dem Gedicht „Lied vom Kindsein“ geschmückt sind, verwandeln sich durch Bewegung und Interaktion zu etwas vollkommen Neuem. Aufgegriffen in der Kunst am Bau wird die Installation in das Gesamtkonzept der Ausstellung eingebunden. Darüber hinaus sind faszinierende Schriftzeichnungen zu entdecken, die völlig neue Dimensionen eröffnen.

Ausstellungseindruck
Ausstellungseindruck 📷 Ute Diez

Sichtbarkeit von Kunst

Ein zentraler Aspekt der Ausstellung ist das Streben danach Kunst sichtbar zu machen und die Sichtbarkeit von Kunst. Wie bereits der Künstler Paul Klee in seiner Schöpferischen Konfession von 1920 festhielt: „Die Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar.“ Doch wie können Kunstwerke für Personen sichtbar gemacht werden die nicht im traditionellen Sinne sehen können? An diesem Punkt setzten die Museen und Galerien seit den 80er/90er Jahren des 20. Jahrhunderts bereits an und übertragen die bereits bestehenden Werke in Audioformate oder andere erfahrbare Medien. Barrierefreiheit und Inklusion sind jedoch auch auf Seiten der Künstler:innen ein großes Thema. Für Ute Diez beginnt die Inklusion nicht am fertigen Werk, sondern sie soll bei der Werkentstehung bereits mitgedacht werden. 

Brailleschrift als Porträt 

Ausstellungseindruck: Porträts und Texte aus Brailleschrift
Porträts aus Brailleschrift 📷 Ute Diez

Hierfür nutzt sie die Braille-Schrift und setzt diese in verschiedenen Materialien um. Sei es auf Papier durch kaum sichtbare, aber ertastbare Erhöhungen oder durch Steckmechanismen, die größer und farblich kontrastierend sind. Die Werke in der Ausstellung bieten dadurch zwei Lesarten. Zum einen entstehen durch die Erhöhungen Gesamtkunstwerke, die für sehende Betrachter:innen als Bild wahrgenommen werden können. Für blinde Personen hingegen werden diese Fragmente durch den Tastsinn zu einem Gesamtbild zusammengesetzt. Zum anderen offenbart sich der dahinterliegende Text, der durch Braille-Schrift gemalt wird. Diese Praxis erstreckt sich auch auf Ute Diez‘ Schriftzeichnungen, bei denen Gedichte, Lieder und Textpassagen als zusammenhängender Text dargestellt werden.

Schriftzeichnungen

Schriftzeichnung aus der Handwerk Serie
Schriftzeichnung aus der Handwerk Serie 📷 Bianca Eckle

Inspiriert wurde diese Arbeitsweise von ihren bisher sehr erfolgreichen Schriftzeichnungen. Eine Technik, mit der sie schon viele Jahre arbeitet und ihren Werken mehrere Dimensionen gibt. Dabei wird innerhalb einer Zeichnung keine Linie genutzt, sondern handgeschriebene Texte, Gedichte oder Lieder werden zur Begrenzung des Motivs. Durch die filigranen Schwünge der Wörter wirkt es auf Distanz wie eine gezeichnete Linie und erst das Herantreten an die Werke gibt eine neue Ebene frei. Jeder Text der als Grundlage hierfür dient wurde sorgfältig ausgesucht. Die Motive für ihre Zeichnungen findet sie im Alltag und hält diese durch Fotografien fest. Anschließend bringt sie Text und Motivik zusammen und lässt sie zu einem Gesamtwerk verschmelzen. 

Fazit

Die Ausstellung eröffnet einen Raum für Diskussionen und führt den Blickwinkel hin zu einem wichtigen Aspekt, der häufig nicht präsent ist: Zweidimensionale Kunst ist auf den Sehsinn ausgerichtet und für blinde Menschen nicht erfahrbar. Ihre Werke überwinden nicht nur diese Barriere, sondern fordern ebenfalls die Sehgewohnheiten heraus und wecken die Neugier hinter den in Brailleschrift geschriebenen Bildern. Es ist das visuelle Konzept, dass hier auf das Problem und auch die Lösung hinweist. 

Zu sehen ist die Ausstellung „Realträumen“ von Ute Diez noch bis zum 2. März 2024 in der Galerie im Gewölbe des Osiander in Reutlingen. Besucher:innen haben zudem die Gelegenheit, die Künstlerin persönlich am 16. Februar 2024 von 15:00 bis 17:00 Uhr vor Ort zu treffen. Der Eintritt ist frei, und die Öffnungszeiten entsprechen den regulären Öffnungszeiten der Buchhandlung Osiander.