Rosenrot, Grasgrün, Quittengelb. Pflanzengeheimnisse in der Sammlung Würth.

Sie tragen geheime Bedeutung, die neue Interpretationsebenen eröffnen kann, stehen stellvertretend für den Kreislauf des Lebens, abstrahieren künstlerische Darstellungsprinzipien und repräsentieren abwesende Figuren: Pflanzen haben in der Kunst vielfältige Aufgaben und werden seit Jahrhunderten daher immer wieder von Künstler:innen inszeniert. Die Sammlung Würth zeigt in Schwäbisch Hall Bilder der eigenen Sammlung, die mal mehr und mal weniger diese besondere Stellung von Pflanzen in der Kunst thematisieren.

Wer die Ausstellung „Rosenrot, Grasgrün, Quittengelb. Pflanzengeheimnisse in der Sammlung Würth“ betritt, den erwartet im ersten Raum ein buntes Potpourri an Künstler:innen. Während ein kleiner Wandtext einen allgemeinen Überblick über Pflanzen in der Kunst gibt, werden die Besucher:innen von einigen der großen Namen der Sammlung Würth begrüßt: Gabriele Münther, Emil Nolde, David Hockney sorgen für einen fulminanten und farbintensiven Auftakt des Ausstellungsrundgangs. Landschaftsansichten, Naturstudien und Stillleben von 1900 bis zur Gegenwart führen die Besucher:innen in das Thema ein. Dann allerdings reißt der rote Faden ab.

Gemälde: Blumenstrauß mit roten Blumen vor blauer Landschaft.
Direkt nach dem Betreten der Ausstellung zeigt die Ausstellung einige der großen Namen in der Sammlung, wie z.B. Gabriele Münter, Tigerlilie in Landschaft. 1939, Öl auf Leinwand, 55 x 45,7 cm, Sammlung Würth, Inv. 7935. ©Foto: Sammlung Würth.

Würth versucht, zu thematisieren

Eine Texttafel informiert über Künstlergärten, deren bekanntestes Exemplar sicherlich der von Claude Monet sein dürfte. Dieser wird auch thematisiert, eine malerische Interpretation der berühmten Seerosen Monets zeigt Homage to Monet 7 von Alex Katz. Gegenüber noch eine Reproduktion einer Gartenansicht von David Hockney, die durchaus als Verweis auf die Ausstellung im Museum Würth 2 verstanden werden darf, dann ist das Thema „Künstlergarten“ abgehakt. Ein neuer Aspekt zum Ausstellungsinhalt wird nicht angesprochen, stattdessen folgen bunte Grafiken von Andy Warhol. Am Ende der Galerie steht die nächste Texttafel – wird hier der bzw. die Besucher:in wieder abgeholt? Leider nicht, stattdessen wird der Werksprozess hinter den Röntgenbildern von verschiedenen Pflanzenbildern erklärt. Auch interessant, aber nicht konsequent.

Gelbe Ovale auf hellblauem Grund.
Alex Katz‘ vertritt die Künstlergärten in der Ausstellung. Alex Katz, Homage to Monet 7 2009, Öl auf Leinwand, 183 x 366 cm, Sammlung Würth, Inv. 14504. © Foto: Sammlung Würth.

Würth zeigt nicht nur Würth

Während die meisten Kunstwerke zeitlich nicht weiter zurückdatieren als bis ins 19. Jahrhundert, werfen historische Bücher (und Repliken derselben) den Blick noch weiter zurück. Frühe Pflanzenlexika wie das von Leonhardt Fuchs sind zwischen anderen historischen Publikationen in guter Gesellschaft. Die Bücher sind Leihgaben anderer privater Sammler oder kommunaler Archive – die Sammlung Würth legt auf die Zeit der Vormoderne wohl keinen besonderen Schwerpunkt. Während die ausgestellten Bücher einen wichtigen Beitrag zum Ausstellungsthema leisten, fehlt aber die Anbindung an die Ausstellung. Weder im Begleittext zu Herbarien noch in einem bildlichen Kontext werden die Werke der Druckkunst mit den Werken der Bildenden Kunst verbunden.

Blick in einen Raum mit Blumenbildern und einer Knabenskulptur.
Der erste Raum ist ein buntes Sammelsurium an Interpretationen des Themas „Pflanze“, das einen Überblick geben soll. ©Foto: Würth/Ufuk Arslan

Lohnt sich der Gang ins Museum Würth?

Der Titel verspricht viel Information, die Ausstellung gibt wenig Überblick: Während das kuratorische Konzept den Ausstellungsbesuch eher behindert als bereichert, überzeugen die Werke der Sammlung Würth gewohnt souverän. Wer sich von der Idee einer Storyline im Museum verabschiedet und die einzelnen Werke für sich betrachtet, kommt ganz auf seine Kosten. Die Highlights befinden sich im Untergeschoss: herman de vries‘ Assemblage from the laguna of venice, a journal beeindruckt durch die vielfältigen kunsthistorischen Verweise und seine Ästhetik des Gesammelten. Ebenfalls beeindruckend ist der verpackte Baum von Christo und Jeanne-Claude, der monumental das Werk Wrapped trees bezeugt, aber auch zeitgenössische Bezüge zu aktuellen Krisen aufruft.

Würth beeindruckt erst am Ende

Die imposantesten Räume sind aber die, in denen eine kuratorische Handschrift entdeckt werden kann: Der Azuma Makoto gewidmete abgedunkelte Raum inszeniert seine Foto- und Videoarbeiten sehr emotional und das eigens für die Ausstellung geschaffene Blumenarrangement bildet einen besonderen Fokuspunkt. Ebenfalls berührend ist die Gegenüberstellung einer weiteren Hommage an Monet von Alex Katz mit der Kollektion von japanischen Bambusobjekten. Die Kombination aus Malerei und Skulptur schafft eine ganz eigentümlich berührende Atmosphäre.

Die Ausstellung „Rosenrot, Grasgrün, Quittengelb. Pflanzengeheimnisse in der Sammlung Würth“ ist bis zum 5. November 2023 in Schwäbisch Hall zu sehen.