Jeder kennt das Gefühl – diese Mischung aus Angst und Begeisterung am Rande einer Schlucht oder im Angesicht eines Unwetters. Schon in der Antike wurde dieses Gefühl von Erhabenheit als rhetorisches Stilmittel genutzt, um Emotionen auszulösen. Mit Beginn des 19. Jahrhunderts hatte sich das ursprünglich philosophische Konzept schließlich als eigenständige Ästhetik in der bildenden Kunst etabliert.
Edmund Burke und die Schönheit der Furcht
Grundlage hierfür war letztlich Edmund Burkes Abhandlung „A philosophical Enquiry into the Origin of our Ideas of the Sublime and Beautiful“ von 1757, in der besonders Aspekte von Landschaft als Auslöser für erhabene Gefühle wie Furcht und Überwältigung herausgestellt wurden. Harte Kontraste von Licht und Schatten sowie die Betonung monumentaler oder winziger Objekte wurden folglich zu beliebten Stilmitteln in der Landschaftsmalerei.
Speziell das Erleben widersprüchlicher Empfindungen beim Betrachten von Bergen, Wasserfällen, Stürmen oder verwüsteten Landschaften galt daraufhin als zentrales Merkmal des Erhabenen. Es sind gerade jene Naturerscheinungen, denen sich der Mensch hilflos ausgeliefert fühlt und hierbei seine eigene Verletzlichkeit erfährt. Angst war für Burke schließlich die höchste Form erhabener Emotionalität.
Macht und Ohnmacht
Darüber hinaus stand das Konzept in enger Verbindung zur Religion. Landschaftliche Aspekte galten als göttliche Kraft – als rohes Handwerk Gottes. Vermeintlich unberührte, wilde Landschaft rückte so zunehmend in den Fokus von Landschaftsmalerei. Ihre immanente Bedrohlichkeit spiegelte den romantischen Zeitgeist, der sich wiederum aus einer Dialektik von Macht und Ohnmacht nährte.
Immanuel Kants unbegrenzte Erhabenheit
Wie schon Burke, definierte auch Immanuel Kant in seinem Werk „Kritik der Urteilskraft“ von 1790 Naturphänomene und Naturkatastrophen als Katalysatoren für das Erhabene. Der bezeichnende Unterschied beider Theorien bestand aber darin, dass für Kant das Erhabene nicht in den Dingen selbst zu finden war, sondern im Bewusstsein der Betrachtenden:
„Das Schöne der Natur betrifft die Form des Gegenstandes, die in der Begrenzung besteht; das Erhabene ist dagegen auch an einem formlosen Gegenstande zu finden, sofern Unbegrenztheit an ihm […].“
Immanuel Kant
Außenwelt erschien nun mit Innenwelt verknüpft und erhielt hierin eine subjektive Ebene. Dabei erweiterte sich auch die Wahrnehmung von Natur hin zum Symbol eines geistigen Zustands. An Burke und Kant zeigt sich letztlich ein fortwährende Diskurs um die Trennung oder Verbindung von Innen- und Außenwelt – der gewissermaßen bis heute anhält.