„What I like!“ – ein Abschied in der Galerie Stadt Sindelfingen 

Emotionen spielen auch in der aktuellen Ausstellung „What I like!“ in der Galerie Stadt Sindelfingen eine große Rolle. Über 32 Menschen aus Sindelfingen wurde die Option gegeben, der Öffentlichkeit zu zeigen, welche Kunstwerke der Sammlung Lütze ihnen gefallen. Es waren sowohl Mitarbeiter:innen der Stadtverwaltung wie auch Bürger:innen eingeladen.

Wir setzen Herzen unter Bilder, geben Artikeln ein „Gefällt mir“ und applaudieren unter Worten – selbstverständlich alles virtuell in den sozialen Medien. Häufig ist es ein Impuls, der uns zu dem schnellen Klick bewegt. Wir freuen uns so mit jemandem oder zeigen Zustimmung. Alles komplett emotional gesteuert. 

Emotionen spielen auch in der aktuellen Ausstellung „What I like!“ in der Galerie Stadt Sindelfingen eine große Rolle. Über 32 Menschen aus Sindelfingen wurde die Option gegeben, der Öffentlichkeit zu zeigen, welche Kunstwerke der Sammlung Lütze ihnen gefallen. Es waren sowohl Mitarbeiter:innen der Stadtverwaltung wie auch Bürger:innen eingeladen. 

Key Visual What I like!, Gestaltung: Matter Of. Foto: Frank Kleinbach
Key Visual What I like!, Gestaltung: Matter Of. Foto: Frank Kleinbach

In den oberen Stockwerken der Galerie Stadt Sindelfingen präsentiert das kuratorische Team die Werke entweder farblich oder thematisch. Dabei bleibt jeder Arbeit genug Raum, um zu wirken. Unterstrichen werden sie von den eher im Hintergrund gehaltenen kurzen Bildunterschriften sowie -texten. In Letzteren haben die Akteur:innen, die sich jeweils das Werk für die Ausstellung ausgesucht haben, ihre Begründung für die Auswahl formuliert. Insbesondere jene Texte, die von „nicht-kunsthistorisch-geschulten“ Personen geschrieben wurden, sind sehr emotional geprägt und ergo erfrischender zu lesen. In Erinnerung bleiben vor allem die Texte der Jugendlichen und deren Zugang zur Kunst: Ein ehrlicher. 

Doch auch die Auswahl des kuratorischen Teams zeigt eine Stringenz. Neben den wohl bedeutenden Exemplaren der Sammlung stellt die Auswahl des Teams eine Art Retrospektive der Amtszeit Madeleine Freys dar. Zu sehen sind Ausstellungshighlights der letzten sechs Jahre, die nicht unbedingt weniger emotional aufgeladen sind. Häufig stecken interessante und witzige Geschichten dahinter oder eben inspirierende Begegnungen mit Künstler:innen, die unvergessen sind.  

Martin Pfeifle, KON, Holz, Kabel Silberfolie, Neonröhren (10 tlg.),
Martin Pfeifle, KON, Holz, Kabel Silberfolie, Neonröhren (10 tlg.), Länge je 149,5 cm, ᴓ 14,5 cm, 24,4 cm, 34 cm, 44 cm und 54 cm, 2018 (Sammlung Lütze) Foto: Frank Kleinbach © VG Bild-Kunst Bonn, 2022 für Kunstwerke von Martin Pfeifle
Ausstellungsansicht "What Iike" in der Galerie Stadt Sindelfingen
Alfred Hrdlicka, Insulin, Carrara Marmor und Bronze, je 72,5×15,5×15 cm, 1968/1989 (Sammlung Lütze) Reto Boller, C 21,1 (Chair), Aluminium, Acryl, Schrauben, 200x77x55 cm, 2021 (Leihgabe des Künstlers) Karl Duschek, über 3, Acryl auf Leinwand, 40×40 cm, 1982 (Sammlung Lütze) atelier JAK (Andreas Geisselhardt und Jangyoung Jung), Unseen, Edelstahl spiegelpoliert, 110cmxø55 cm, 2022 (Leihgabe der Künstler) Foto: Frank Kleinbach

Madeleine Frey hat mit „What I like!“ die Leitung der Galerie Stadt Sindelfingen beendet und zieht jetzt als Direktorin nach Brühl ins Max Ernst Museum. „What I like!“ ist somit ein Abschied ohne Wiedersehen und ermöglicht dem eng verschweißten Team einen schönen Rückblick auf die letzten gemeinsamen sechs Jahre in Sindelfingen.  

Auch für die Besucher:innen, die regelmäßig die Ausstellungen des Hauses gesehen haben, ist der Gang durch die Ausstellung ähnlich einem „Kruschteln“ (schwäbisch: etwas in einem Berg/Haufen unübersichtlicher Dinge suchen, aber eigentlich nicht genau wissen, was man sucht) in einer Erinnerungsbox. Man begegnet hier und da Werken, die einen urplötzlich in die Vergangenheit leiten. Man erinnert sich vielleicht daran, mit wem man vor Ort war, wie die Jahreszeit war und wo das Werk damals zu sehen war. Wie sehe ich die Arbeit heute? Berührt sie mich anders? Ändert der Kontext daran etwas? 

Ausstellungsansicht "What I like" in der Galerie Stadt Sindelfingen
Joachim Kupke, Nachbar aus dem Fenster schauend, und ein Papagei, Öl auf Leinwand, 143×123 cm, 1971 (Sammlung Lütze) Karl Schmoll von Eisenwerth, Am Springbrunnen, Öl auf Leinwand, 70×70 cm, 1908 (Sammlung Lütze) Foto: Frank Kleinbach

Die Ausstellung „What I like!“ lädt ein, sich Kunst ohne große Kontextualisierung mit anderen Augen anzusehen. Eine Möglichkeit, die es viel zu selten gibt. 


„What I like!“ ist in der Galerie Stadt Sindelfingen noch bis zum 10. April 2022 zu sehen.