Während andere Museen ihre Kuratoren auf Reisen schickten, um die wichtigsten Werke der bedeutendsten Maler aufzuspüren, kaufte Wilhelmina von Hallwyl fast alle Objekte für ihre Sammlung in der Kunsthandlung ihres Vertrauens. Denn Sammlungen anzulegen war Teil ihres Lifestyles, der typisch war für die High Society der Jahrhundertwende um 1900. Das von ihr geplante Museum sollte daher nicht nur die Sammlungen, sondern eben auch diese Art zu Leben konservieren, was die Räumlichkeiten des Museum Hallwyl zu einem ganz besonderen Ort macht.
Der Stadtpalast der Familie Von Hallwyl
Der Stadtpalast der Familie von Hallwyl liegt in der Hamngata mit Blick auf den Stockholmer Schärengarten. Heute eine der besten Adressen der Stadt, war das Gelände bei Baubeginn 1890 unbeliebte Stadtrandlage. Umso eindrucksvoller das Bauvorhaben: Die Architektur orientiert sich an venezianischen Vorbildern aus dem 17. und 18. Jahrhundert, alle Räume gruppieren sich um einen opulenten Innenhof. Das Gebäude war vor allem für Repräsentationszwecke geplant. Daher wurden im Inneren nur die teuersten und exklusivsten Materialien verbaut. Im Volksmund wurde es auch „der Technikpalast“ genannt: Zentralheizung, Telefone, moderne Hygienetechnik in den Bädern und elektrische Aufzüge gehörten zur Ausstattung.
Die Repräsentationsräume: von Renaissance bis Barock
Durch das opulente Vestibül betraten die Gäste der Familie die Belle Etage: Speisesaal, Raucherzimmer, verschiedene Salons und natürlich die Sammlungsräume waren den Besucher:innen zugänglich. Rückgriffe auf die Familiengeschichte des Grafen von Hallwyl und auf die Kunstgeschichte prägen das Stockwerk. Die Ausgestaltung des Speisesaals folgte mit gewebten Wandteppichen und spätmittelalterlich anmutenden Möbeln den Stilmerkmalen der Renaissance und des Barock. Das Damenzimmer gestaltete der Architekt als Rokokozimmer, was als besonders passend für weiblich konnotierte Räume empfunden wurde, während der Raum für die Herren vom schwedischen Goldbarock geprägt ist. Überall zu finden: das Familienwappen der von Hallwyls.
Die privaten Räume und die Gemäldegalerie
Die Privatgemächer sind geprägt durch modernen Luxus und fortschrittlichen Lebenswandel. Die Bäder und Toilettenräume folgen den neuesten Hygienevorgaben der Wissenschaft um 1900, im Dachgeschoss ließ Wilhelmina ein kleines Fitnessstudio zur körperlichen Ertüchtigung und eine Kegelbahn einrichten. Mit dem stetigen Wachstum der Sammlungen wurden immer neue Räume benötigt, sodass das Dachgeschoss zur Gemäldegalerie ausgebaut werden musste. Unter dem großen Oberlicht hängen dicht an dicht vor allem Gemälde aus den Niederlanden, darunter Werke von Pieter Brueghel, Frans Hals und ein (inzwischen als Kopie identifizierter) Rembrandt.
In jedem Raum: die Kunstsammlung
Porzellan, Malerei, Waffen, Kunsthandwerk und archäologische Funde zählen zu den Kernthemen der Sammlung von Wilhelmina von Hallwyl. Für die Akquise der Werke besuchte sie regelmäßig die Kunsthandlung Bukowskis, immer noch eines der führenden Auktionshäuser Schwedens. Die Sammlung umfasst über 50 000 Objekte, die bis heute im Museum in der Hamngata so gezeigt werden, wie die Sammlerin sie in ihrem Haus präsentiert hatte. 1920 beschloss sie, die Sammlung gemeinsam mit ihrem Haus dem schwedischen Staat zu vererben und begann mit der Katalogisierung aller Objekte im Haus. Die einzige Bedingung: Die Wohn- und Repräsentationsräume sollten nicht verändert werden, sondern als Zeugnis des großbürgerlichen Lebens in Schweden erhalten bleiben.
Die Sammlerin Wilhemina von Hallwyl
Wilhelmina von Hallwyl war eine der bedeutendsten Kunstsammlerinnen und Mäzeninnen in Schweden um 1900. Sie gehörte zu einer der reichsten Familien Schwedens, die mit dem Verkauf von Holz ihr Vermögen gemacht hatte. Sie heiratete in die Schweizer Adelsfamilie von Hallwyl ein und nachdem ihre vier Töchter standesgemäß verheiratet waren, beschloss das Ehepaar, eine Stadtresidenz in Stockholm zu bauen. Die Ansiedelung der von Hallwyls im neuen Stadtteil Norrmalm sorgte maßgeblich für dessen Aufstieg zum beliebtesten Villenviertel Stockholms.
www.hallwylskamuseet.se
@hallwylskamuseet