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Seit März diesen Jahres widmet die Kunsthalle Weishaupt in Ulm dem Schweizer Künstler und Bildhauer Beat Zoderer eine Einzelausstellung mit Werken aus dreißig Jahren künstlerischen Schaffens.
Die Kunsthalle Weishaupt in Ulm
Die Stadt Ulm ist natürlich hauptsächlich bekannt für ihr grandioses Münster. Vielleicht noch für das traumhaft schöne Fischerviertel. Was aber vielleicht nur Wenige wissen, ist, dass die Stadt Ulm auch mit einer sehenswerten Kunstsammlung aufwarten kann. Diese hat die Stadt dem Sammlerehepaar Weishaupt zu verdanken. Jutta und Siegfried Weishaupt begannen in den 1960er Jahren ihre ersten Kunstwerke zu sammeln. Über den Vater Max Weishaupt, der auch das gleichnamige Unternehmen für Energietechnik in Schwendi gründete, entstand der Kontakt zur Hochschule für Gestaltung Ulm und gleichermaßen die Verbindung zum Künstler und Mitbegründer der Hochschule Max Bill – Architekt, Designer und ein Pionier der konkreten Kunst.
Den Grundstock der Sammlung Weishaupt markiert europäische und US-amerikanische Kunst der 1960er Jahre mit Arbeiten von Josef Albers, Bridget Riley und Verena Loewensberg aber auch der ZERO Gruppe um Heinz Mack und Otto Piene. In mehr als fünf Jahrzehnten hat sich auch die Sammlung des Ehepaars weiterentwickelt. Abstrakter Expressionismus und andere Positionen US-amerikanischer Kunst sowie verschiedene skulpturale und plastische Werke bis hin zu zeitgenössischen Arbeiten erweiterten den Bestand und bilden bis heute eine der bedeutenden privaten Sammlungen moderner und zeitgenössischer Kunst.
2007 wurde die bis dahin private Sammlung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Dafür wurde nahe dem Münsterplatz eigene Räumlichkeiten geschaffen, die seitdem die Sammlung in verschiedenen Präsentationen dem interessierten Kunstpublikum nahebringen.
Beat Zoderer – Visuelle Interferenzen 1990–2020
Seit März diesen Jahres läuft die Ausstellung zu Arbeiten von Beat Zoderer und dessen künstlerisches Schaffen aus den vergangenen dreißig Jahren. Unverkennbar ist die Nähe zu den Zürcher Konkreten. Was Zoderers Kunst von diesen aber unterscheidet, ist erst bei genauerer Betrachtung der einzelnen Werke zu erfassen. Die Werkserie Herma I-XXIV aus dem Jahr 1992 beispielsweise erinnert im ersten Moment an Kunstwerke der Op-Art, dem Spiel mit der visuellen Wahrnehmung der Betrachter:innen.
Konkrete Kunst und Entfremdung von Gegenständen
Diese Perspektive wird um eine weitere Komponente ergänzt. Denn die einzelnen Arbeiten aus alltäglichen Materialien, wie Heftetiketten, werden vom Künstler zweckentfremdet. Er entledigt sie damit ihrer ursprünglichen Funktion und bettet sie in einen neuen Kontext ein. Die Zusammenführung der einzelnen Elemente und die Wahl und Anordnung der unterschiedlichen Farben wird dabei allerdings nicht dem Zufall überlassen. In einem besonderen Ordnungsverfahren werden die jeweiligen Stücke auf Papier geklebt, um eben jene spezielle Wahrnehmung und Optik zu erzeugen, wie wir sie in der Serie vorfinden. Somit kehrt Zoderer zu den Prinzipien der Konkreten Kunst einerseits zurück, andererseits ergänzt er diese um ein spielerisches Moment, das uns als Betrachtende schmunzelnd zurücklässt.
Überlagerungen und das Spiel mit der Wahrnehmung
Vielen Arbeiten Zoderers haftet dieses Moment an. Klare, geometrische Formen und eine breit aufgestellte Farbigkeit werden durch die Wahl der Materialien durchbrochen und so inhaltlich überlagert, gemäß dem physikalischen Prinzip der Interferenz. Ein weiteres Spiel in der künstlerischen Arbeit Zoderers ist jenes mit der visuellen Wahrnehmung. Von Weitem betrachtet, wirken die Arbeiten des Künstlers oft wie Malereien. Erst im genauen Studieren aus unmittelbarer Nähe, erkennt das Auge die wahre Beschaffenheit der einzelnen Werke, die mehr als (teilweise) gerahmte Reliefs oder Skulpturen gelten können, denn als Malereien.
Der Künstler als Kurator
Beat Zoderer selbst wurde für die Präsentation seiner Arbeiten zum Kurator. Auf zwei Etagen Ausstellungsfläche arrangiert er seine Werke im Gesamtkonzept zu einem gekonnten Spiel aus Überraschungen und referentiellen Momenten. Die Kunstwerke regen zum Nachdenken an, über sich selbst und ihre Beschaffenheit, über den kunsthistorischen Diskurs über Konkrete Kunst, aber auch über unsere eigene (alltägliche) Wahrnehmung.
Informationen zur Ausstellung
Die Ausstellung „Beat Zoderer – Visuelle Interferenzen 1990–2020” ist noch bis zum 10. Oktober 2021 in der Kunsthalle Weishaupt in Ulm zu sehen.
Zur Ausstellung ist auch eine Publikation erschienen, die direkt über die Seite der Kunsthalle bestellt werden kann.