Im Gespräch mit: Florina Leinß

Die Arbeiten von Florina Leinß sind inspiriert von unserer Umwelt, von den von uns Menschen gemachten Dingen. Im Interview nimmt sie uns mit in ihren Arbeitsprozess und erklärt uns was ihr hilft, ganz bei sich zu bleiben, und ihre abstrakten Bilder zu schaffen, die zwischen Fläche und Raum, industriell gefertigten Oberflächen und malerischem Duktus oszillieren.

Farbige Flächen im (Bild)Raum. Damit könnte man die Arbeiten von Florina Leinß beschreiben und hätte damit doch nur an der Oberfläche gekratzt. Aber an welcher Oberfläche eigentlich? An der aus Lack, die den Raum wie ein Display auf den*die Betrachter*in zurückwirft, oder die aus Dispersionsfarbe, die im Bildraum steht und ein Schatten von etwas ist, was ein überdimensionales Eisenteil sein könnte? Oder ist es die malerisch gearbeitete, perfekt unperfekte Farbfläche, an der sich der Blick abarbeitet? In ihren abstrakten Arbeiten greift die in Freudenstadt geborene Künstlerin unsere Umwelt auf und verarbeitet sie in spannende Bildkompositionen.

Seit 2005 lebt und arbeitet die Künstlerin Florina Leinß in Stuttgart, seit einem Jahr hat sie ein Atelier in den Stuttgarter Wagenhallen, wo wir sie besucht haben. Studiert hat sie an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart und am Edinburgh College of Art, Schottland. Seit 2013 lehrt sie neben ihrer künstlerischen Arbeit an Universitäten und Akademien. Heute ist sie international tätig, gerade hat sie ein Kunst am Bau Projekt in Brüssel fertig gestellt und ihre letzte große Einzelausstellung war bis Juni 2021 im STRABAG Kunstforum in Wien zu sehen. In der Vorbereitung zu dieser Ausstellung hatte sie im Projektraum der Wagenhallen ihre neuesten Arbeiten aufgestellt und sie uns dabei gezeigt. Wir haben uns mit ihr ihre neuen Werke angesehen, die die Spannung zwischen Räumlichkeit und Fläche ausloten.

Hallo Florina, danke, dass Du Dir Zeit für KUNE genommen hast. Wie bist Du eigentlich zur Kunst gekommen?

Ich habe zuerst zwei Semester Kunstgeschichte und Ethnologie in Tübingen studiert, habe dann zu Kunsterziehung an der AKA (Staatliche Akademie der Bildenden Künste) in Stuttgart gewechselt und bin danach hier geblieben. 

Warum hast Du Deinen Studiengang gewechselt?

Am Anfang war für mich zwar klar, dass ich etwas mit Kunst machen möchte, aber es gab dann diese Phase nach dem Abi, in der ich erst einmal schauen musste, was möglich ist. In der Kunstgeschichte konnte ich direkt einsteigen ohne Bewerbungsverfahren und es hat mich auch einfach interessiert. Mir ist speziell in der Kunstgeschichte aber aufgefallen, dass es mich dann doch mehr interessiert hat, wirklich nah an den Bildern, nah an der Kunst dran zu sein. Nicht nur darüber zu sprechen, sondern selbst zu machen und selbst zu gucken. Ich fand es auch bemerkenswert, wie in der Kunstgeschichte Daten und Fakten gewälzt werden aber eigentlich die Arbeiten nicht mit dem eigenen Auge betrachtet wurden. Also natürlich nicht von allen, das war aber teilweise der Fall. 

Ich war nicht festgelegt was genau ich machen möchte. In der Tübinger Zeit habe ich mich aber schon auf die Mappe vorbereitet und mich praktisch mit Kunst auseinandergesetzt. Dafür habe ich viele Kurse im Zeicheninstitut der Universität Tübingen besucht. 

Und hat es Dir dabei geholfen, die Mappe zu machen?

Ja sicherlich, wobei ich kein einziges Bild, keine einzige Zeichnung aus diesen Kursen in meiner Mappe hatte. Ich habe die Kurse weniger besucht, um eine Mappe zu machen, sondern eher ergänzend. Es gab auf jeden Fall einen Austausch und eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit künstlerischen Themen. Es fanden aber auch Beratungen und Gespräche über die Mappe statt.

Und dann … wie war das dann an die AKA zu kommen?

Die Freiheit war super. Ich hatte da eine gute Zeit. 

Was glaubst Du hat Dich in dieser Zeit am Meisten beeinflusst?

Mein wichtigster Moment war mein Auslandssemester in Schottland, weil ich da gemerkt, oder gelernt habe, mich auf mein eigenes Urteil zu verlassen und mich los zu machen von den Erwartungen, die andere an mich haben könnten. 

Warum ist das gerade in Schottland passiert?

Weil ich dort das Gefühl hatte, ich werde neu gesehen. Zu wissen, die Leute haben erst einmal keine Erwartungen an mich, die kennen mich nicht, die wissen nicht, was ich mache und dadurch eine grundsätzliche Offenheit zu spüren, war für mich wichtig. Ich habe ein unvoreingenommenes Urteil von anderen bekommen und dadurch gemerkt, dass ich meine eigene Einschätzung ernst nehmen kann. 

Wie hat sich das in Deiner Arbeit geäußert?

Meine Arbeit hat mehr in der Ausdrucksform als inhaltlich eine Wendung genommen. Mein Interesse lag schon immer bei Dingen, die eher im Hintergrund und nicht so offensichtlich sind. Bei technischen, menschgemachten Artefakten, zum Beispiel. Das war davor auch schon der Fall. Aber ich habe dort angefangen, eine Sprache zu finden, die nicht mehr abbildend ist, sondern mehr bei der formalen Sprache der Dinge liegt. Im Grunde ins Abstrakte gehend.

Das heißt, Deine abstrakten Bilder haben schon auch immer etwas, was mit dem Menschen und unserer Gesellschaft zu tun hat, in sich?

Auf jeden Fall. Denn es sind eigentlich immer Sachen oder Dinge, die meine Formensprache entstehen lassen, die aus einer geometrischen Formensprache kommt. Sie rührt stark aus der Beobachtung dieser menschgemachten Dinge her. Inzwischen gehe ich aber in einer Art und Weise damit um, die mehr auf die Zusammenhänge schaut und in der Zeichnung auf dem Blatt die Formen entwickelt. Ich finde die Formen mehr im Konstruktiven und entnehme sie nicht mehr eins zu eins aus der beobachteten Welt. Trotzdem ist der Ursprung dieser Formen in der menschgemachten Umwelt. 

Florina Leinß vor pic174-177.21black screen undpic178.21unlocked⁠⁠. Foto: Gitta Bertram
Bild 2-1 Florina Leinß vor pic174-177.21black screen undpic178.21unlocked⁠⁠. Foto: Gitta Bertram

Wie meinst Du das? Gerade wenn man auf diese Arbeiten schaut vor denen wir gerade sind, die vor allem aus schwarzen, lackierten Flächen bestehen, kann ich das gerade nicht so nachvollziehen. 

Das sind jetzt keine organischen, keine pflanzlichen, keine unregelmäßigen Formen. Die sind konstruiert. Dadurch ist auch die Nähe zu diesem menschlichen, geometrischen Denken ganz klar drin. Der Titel ist für diese Arbeiten pic174-177.21black screen und es sind damit schon Assoziationen verbunden, die mit den Oberflächen der digitalen Endgeräte verbunden sind. Spiegelnde Oberflächen, in die wir gerade tagtäglich reinschauen. Das sind die Gedanken, die mit hineinspielen – oder woher diese Arbeiten kommen.

Ich kann mich bei Deinen Bildern gar nicht entscheiden, möchte ich lieber die spiegelnde Oberfläche näher betrachten oder das, was an Malerischem daneben, darunter oder dahinter passiert. Mein Auge springt eigentlich immer hin und her. 

Ja, das ist im Grunde das, was mich daran interessiert. Etwas dort zu sehen, wo man erst einmal nichts zu sehen meint. Wo man dann aber doch ganz viel entdeckt.

Manche Deiner Arbeiten gehen dann auch ziemlich ins Räumliche. Du arbeitest in anderen Arbeiten auch am Raum selbst…

Zunächst bin ich sehr interessiert am Bild. Das Bild kann ja auch einen Raum als Bildraum öffnen. Damit arbeite ich sehr gerne, dass sich die Oberfläche zu einem Raum hin öffnet. Der nächste Schritt für mich war dann zu sagen, das Bild selbst weitet sich aus in den realen Raum. Das passiert natürlich schon durch die Spiegelungen selbst, die einen Illusionsraum eröffnen. Aber trotzdem bleibe ich bei diesen Arbeiten noch in der Fläche. Im nächsten Schritt transportiere ich diese Formen in den realen Raum. Ich setze die Form, die eine Fläche ist, in Bezug zu ihrem Umraum. Seitdem finde ich es wahnsinnig spannend, Räume malerisch zu betrachten und die Atmosphäre oder die Eigenart eines Raumes aufzugreifen und davon ausgehend Interventionen zu entwickeln.

Florina Leinß.  pic170.21split°merge, 2021. Öl,Lack auf MDF, 140 x 245 cm. © Florina Leinß
Florina Leinß. pic170.21split°merge, 2021. Öl,Lack auf MDF, 140 x 245 cm. © Florina Leinß

Was mich schon lange fasziniert sind die Farben die Du setzt. Wie findest Du diese Farben, wie kann man sich das vorstellen? 

Zuerst gibt es die Form, die ich zeichnerisch entwickle und dann kommt die Farbe dazu indem die Form nach einer Farbe verlangt. Durch die entsprechende Farbwahl kann ich bestimmte Interpretationsweisen hervorrufen. Und dann fangen die Formen und Farben an, in ein Gespräch zu gehen und es entwickelt sich ein Bezugssystem.

Das finde ich schon auch wieder spannend. Eine Fläche so perfekt zu lackieren ist sehr aufwändig und sehr schwer, da musst Du Dir schon im Voraus sehr gut überlegen, welche Farbe du setzt. 

Ja, in dem Fall ist es dann so dass die lackierten Flächen als erstes entschieden werden. Ich weiß am Anfang oft noch nicht, was für Farben dazu kommen und das gesamte Bild kann sich im Prozess verändern. Bei diesem Bild, zum Beispiel, (zeigt auf pic172.21split°linking) war ich mir zu Beginn ganz sicher was dabei herauskommen soll und es ist jetzt aber etwas ganz anderes geworden. Aber mit dieser Setzung der Lackflächen setze ich für mich einen Anfang. Es ist etwas gegeben, mit dem ich dann umgehen muss: Wie sprechen die Farben miteinander, welche Gewichtungen, welche Bezüge, welche Kontraste gibt es?

Das Material spielt dabei eine ganz wichtige Rolle in meinen Arbeiten, ob das Lack, Graphit, Ölfarbe oder Dispersionsfarbe ist (zeigt je auf andere Bilder.) Das generiert jeweils eine ganz andere Haptik und löst ein ganz anderes visuelles Empfinden aus. Mich interessiert vor allem, was das Material mit dem Sehen macht.

Jedes Bild ist nämlich auch einfach Material und eine Auseinandersetzung mit Material. Wenn ich hier jetzt über mein Handy Display fahre, ist das etwas was ich haptisch erspüren kann, auch wenn es fast immateriell scheint. Trotzdem besteht es aus Material und das ist für mich wichtig, das umzusetzen. 

Du lehrst auch… inwiefern beeinflusst das Deine Arbeit?

Ich lehre ja auch zu Farbe und das beeinflusst mich mit Sicherheit sehr in dem Sinne, dass sich die Möglichkeiten zur Reflexion ausweiten. Je mehr ich darüber weiß und lese, desto mehr schaue ich anders und es fallen mir andere Dinge auf. Ich muss aber sagen, dass im Prozess trotzdem ganz viel Intuition im Spiel ist. Ich bin durch die vorhergehende Reflexion einfach schneller darin, intuitiv zu Farben zu greifen. Ich muss mir nicht überlegen, was wäre aus bestimmten Kontrasten her sinnvoll. Das kann man danach wieder reflektieren, was wie funktioniert, aber der Prozess an sich ist intuitiv. Das Lehren hat auch immer wieder den Vorteil, dass ich mich mit Themen auseinandersetzen kann, die ich sowieso schon mal angreifen wollte. Ich bekomme auch ganz tolle Rückmeldungen von Studierenden, die einen ganz anderen Blick auf die Thematik haben. Dabei ist mir der Austausch mit ihnen sehr wichtig.

Mich würde ja auch interessieren, wie Dein Arbeitsalltag aussieht?

Meinst Du so etwas wie einen Tagesablauf?


Ja, zum Beispiel. Heute kam im SWR ein Beitrag zu Morgenroutinen. Hast Du sowas?

Mein Tagesablauf sieht schon so aus, dass ich nach dem Frühstück erst einmal E-Mails und die Bürokratie erledige, und das möglichst schnell (lacht) zumindest so gut es geht, und dann fahre ich mit dem Rad durch den Park hierher. Dann ist es wichtig, dass ich meine Arbeitskleidung anziehe—also die richtige Kleidung ist für mich sehr wichtig, um im Atelier anzukommen. Und wenn ich im Atelier angefangen hab, dann ist der Tag sehr schnell auch vorbei. Dort komme ich dann in einen Prozess hinein. Ich arbeite meistens an mehreren Bildern parallel und schaue, was die so von mir wollen. 

Hast Du viel Bürokratie abzuarbeiten?

Das gehört ja immer zur Arbeit mit dazu. Sei es Bewerbungen, Projektanträge, die ganze Kommunikation, die mit einer Ausstellung einhergeht, das muss man natürlich auch machen und es nimmt Zeit in Anspruch.

Was mir total wichtig ist, ist dass ich für meine Arbeit einen Rückzugsort habe, an dem ich sicher bin, wo ich weiß, es schaut mir niemand über die Schulter. Also wo ich diese Ruhe habe und nicht an ein Ziel denke. Das ist für mich sehr wichtig, um überhaupt in einen Prozess zu kommen. 

Das heißt Du denkst auch den*die Betrachter*in erst einmal gar nicht mit?

Den sollte man am besten ausschalten (lacht). Gerade so beim Anfangen. Später im Prozess ist es sehr hilfreich, wenn andere Leute sich die Sachen anschauen und eine Rückmeldung geben. Damit ich auch merke, was kommt eigentlich beim Gegenüber so an. Aber im Anfangen, im Arbeitsprozess ist es wichtig, den Betrachter außen vor zu lassen. Wo ich nur mit mir selbst zugange bin und mit dem, was ich eigentlich will oder suche. 

Im Atelier bei Florina Leinß. Foto: Florina Leinß.
Im Atelier bei Florina Leinß. Foto: Florina Leinß.

Was Du da sagst, kann ich sehr nachvollziehen. Ich stelle auch fest, dass mir so ein Rückzugsort hilft, kreative Prozesse freizusetzen. 

Für mich ist das absolut notwendig. John Cage hat doch auch einmal so eine Regelsammlung für Kunststudenten verbreitet, die hatte ich eine Zeitlang im Atelier hängen. Regel 1 heißt da „Find a place you trust“ und das ist für mich so wahr. [Anm. d. Red. Hier gibt es die Regeln, die die Lehrerin von Cage, Sister Corita Kent, für Ihre Studierenden entwickelt hatte.]

(muss lachen) Ich glaube ich hab die damals von Dir geklaut und kopiert und sie hängen jetzt in meinem Büro.

Eine andere Regel, die kommt eher aus den Tech Firmen, die mir hilft, ist „is it good enough for now?“ Also man muss nicht schon im Anfang das perfekte Ergebnis liefern. Es muss für den Moment stimmen und dann kann man Schritt für Schritt weiter gehen. Das hilft mir auch sehr in der Arbeit. Sonst kommt mir mein Perfektionismus leicht in die Quere.

Hast Du eigentlich künstlerische Vorbilder?
Das versuche ich eigentlich zu vermeiden. Es gibt zahlreiche Künstler*innen, die ich ganz großartig finde, aber die würde ich nicht als Vorbilder bezeichnen. Ich versuche mich da ein Stück weit unabhängig zu machen. Vorbilder klingt für mich so, als würde man jemandem nacheifern. Ich versuche eher manchen Handlungen nachzueifern, also einem konsequenten Arbeiten, zum Beispiel, oder bestimmten Charaktereigenschaften. Aber künstlerische Vorbilder habe ich nicht. 

Bist Du hier in Stuttgart gut vernetzt?

Also das kann man schon besser machen als ich, so mit dem Netzwerken. Ich bin ganz gut vernetzt. Ich bin aber niemand, die bewusst Netzwerken geht. Ich kenne schon ein paar spannende Menschen, denen ich vertraue und mit denen ich dann gerne zusammenarbeite. Prinzipiell bin ich jemand, die gerne auch allein im Atelier und nicht auf jeder Vernissage präsent ist. Obwohl ich mich während der Pandemie schon sehr danach sehne mal wieder auf einer Vernissage viele Leute zu treffen!

Hier an den Wagenhallen habe ich eine tolle Mischung aus meinem Rückzugsort und vielen spannenden Künstler*innen um mich herum. Mit denen findet Austausch statt, man kann sich gegenseitig helfen, jede*r hat andere Fähigkeiten und wir können Synergien entstehen lassen. Das ist super. Die Wege sind einfach kurz.

Florina Leinß. pic178-21split°faded, 2021. Lack, Öl auf MDF, 140 x 240 cm. © Florina Leinß
Florina Leinß. pic178-21split°faded, 2021. Lack, Öl auf MDF, 140 x 240 cm. © Florina Leinß

Findest Du es ist für Frauen schwieriger, sich in der Kunstszene zu behaupten?

Ich fürchte, dass es immer noch schwieriger ist, wenn man sich die Statistiken anschaut. Ich glaube aber, dass es sich langsam ein wenig verbessert. Das sieht man schon an den (weiblichen) Besetzungen von Jurys oder kuratorischen Stellen. Aber wenn man die wirklich erfolgreichen Künstler*innen anschaut, da wird es sehr schnell dünner, was den Frauenanteil angeht. Und solange die Kunstwelt und der Kunstmarkt nicht akzeptiert oder einen angemessenen Umgang damit findet, dass Frauen Kinder gebären, solange werden Frauen immer benachteiligt sein. Es ist nicht leicht, so eine Pause zu überbrücken—auch wenn es Frauen gibt, die das im Einzelfall schaffen. 

Auch, dass Frauen weniger zugetraut wird ist ein Problem. Denn dieses Zutrauen ist ein wahnsinnig starker Motor. Also wenn einem jemand etwas zutraut, passiert sehr viel. Es ist weniger ein Einfordern als das Zutrauen was Energie freisetzt. Deshalb finde ich es fatal, dass Frauen oft weniger zugetraut wird. 

Du hast ja auch ein Jahr in Tübingen gelebt. Was hältst Du denn von der Stadt Tübingen als Kulturstadt und gibt es einen Ort für Kunst, den Du empfehlen kannst?

Ich kenne die Tübinger Szene zu wenig, als dass ich ein Urteil fällen wollte. Aber mir ist aus meiner Zeit in Tübingen das Zeicheninstitut der Uni sehr stark in Erinnerung geblieben, das mir im Prinzip erlaubt hat, meine Praxis zu erweitern und einen Austausch über das künstlerische Arbeiten zu pflegen. 

Die Kapelle im Schloss als Vorlesungssaal des Ethnologischen Instituts hat mir damals gezeigt, dass nicht jeder Vorlesungssaal gleich aussehen muss und welche Auswirkung Orte mit ihrer Atmosphäre auf uns haben. 

Und dann gibt es noch einen Ort, den ich erst später entdeckt hatte, den ich damals gar nicht wahrgenommen habe. Das ist die Galerie Peripherie im Sudhaus. Da geht so Einiges finde ich. Für die großen Ausstellungen ist die Kunsthalle Tübingen natürlich ein Muss. Aktuell die Ausstellung von Karin Sander werde ich mir sicher noch anschauen. Übrigens mit Nicole Fritz auch eine Frau an der Spitze! Ich hatte aber den Eindruck, dass die zeitgenössische Kunst in Tübingen keine große Rolle spielte. Hier eine Plattform für einen intensiveren Austausch zu bieten finde ich eine sinnvolle Sache.

Das was wir hier sehen sind ja auch Bilder für eine Ausstellung. Was ist das für eine Ausstellung? 

Die Ausstellung heißt „Split Sight“ und ist eine Ausstellung im STRABAG Kunstforum in Wien, wo ich letztes Jahr beim STRABAG International Art Award eine Anerkennung bekommen habe und daraufhin zu einer Einzelausstellung eingeladen wurde.

Das ist toll! Herzlichen Glückwunsch. Schade, dass ich wegen Corona nicht hinfahren kann, aber ich freue mich auf die Online Vernissage. Ich danke Dir sehr für das Gespräch und für die Einladung, Deine aktuellen Arbeiten anzusehen. 

Florina Leinß vor den Stuttgarter Wagenhallen.
Florina Leinß vor den Stuttgarter Wagenhallen.