Das Ephemere bewegt sich in einem Feld zwischen der Endlichkeit und dem Transzendenten der menschlichen Existenz. Es betrifft uns somit und begleitet unsere Entwicklung als hoffnungsvoller und zugleich mahnender Gedanke.
Urpunkt der Welt
In einer transitorischen Welt, einer Welt der Zwischenzustände, die sich permanent in Bewegung befindet, manifestiert sich das Ephemere als Urbild und ist in jedem Objekt impliziert, das in dieser, unserer Welt existiert.
Das Ephemere beinhaltet somit sowohl einen flüchtigen und vorübergehenden Moment, als auch den ungewissen Auflösungsprozess, der nicht notwendigerweise an einen Endpunkt gebunden ist.
Prozesshaftigkeit
Diese beunruhigende Situation der Schwebe, deren Konfrontation wir oftmals scheuen, birgt allerdings auch eine Bild stiftende Kraft, die einen Ausgangspunkt für Gestaltung, Formgebung und Transformation schafft. Grundlegend für die künstlerische Auseinandersetzung mit diesem Themenkomplex ist die Verbildlichung des Prozesshaften und somit des Ephemeren und Transitorischen (Das Vorübergehende eines Zustandes).
Vanitas im Barock
Das Bildkonzept des Ephemeren manifestiert sich erstmals im barocken Stillleben des 17. Jahrhunderts. Ursache für die motivische Auseinandersetzung mit dem Ephemeren liegt in den barocken Niederlanden. Ehemals bedeutendste Handelsmacht der Welt, ist das 17. Jahrhundert dort von großer Verunsicherung geprägt. Kriege sorgten für eine permanente Bedrohung und das ikonografische Programm kontrastierte zwischen protestantischem Bildersturm und katholischer Reformation. Die Säulen des alltäglichen Lebens wurden aus ihrer Verankerung gerissen und der Mensch suchte nach etwas, das Halt gibt.
Vergänglichkeit im 20. Jahrhundert
Im 19. Jahrhundert erfährt das Momenthafte und Flüchtige mit dem Impressionismus und der Erfindung der Fotografie eine neue Aktualität. So wird das Ephemere, zu dieser Zeit vordergründig das Licht, zu einem Instrument. Die Ewigkeit scheint in der Moderne alleine durch den Versuch, die Zeit einzufrieren, eine Entsprechung zu finden. Alles gerät aus den Fugen. Das Bild wird flüchtig und durch die technische Errungenschaft des Films im 20. Jahrhunderts selbst zu einer realitätsverzerrenden Halluzination.
Stabilität
Resultat dieser historischen Gegebenheiten ist der Versuch einer Stabilisierung des Flüchtigen. Durch ästhetische Rahmung findet eine Erdung der Kunst statt, die sie von den Kreisläufen der Natur, der Geschichte und der Zukunft lösen möchte. Eine Art Erlösungsvision, die Wahrnehmung, Blick und Gedanken bewahren möchte. Ein Schutz vor dem Prozess, dem alles unterliegt.
Das Ephemere bleibt bewusst oder unbewusst als Bestandteil von Kunst allerdings über die Jahrhunderte hinweg erhalten. Motivisch und materiell verändert sich das Werk unaufhaltsam. Als Spiegel der Zeit, mahnend und hoffnungsvoll unterliegen wir und die Kunst dem Prozess, dem Ephemeren, dem Transitorischen.