Kunst-Quarantäne-Paket #9

Mit diesem Beitrag wollen wir euch unterschiedliche Zufluchtsmöglichkeiten vorstellen. Optionen, die euch mit anderen Themen konfrontieren, in denen ihr in Austausch treten oder euch einfach nur von Kunst inspirieren lassen könnt. Für euch hat das Kune-Netzwerk einige Ideen gesammelt.

November 2020 – Ganz im Sinne des restlichen Jahres beginnt auch der November bereits mit vielen schlimmen Welt Geschehnissen wie Attentate in Kabul und Wien, einem Präsidenten, der die Demokratie, die ihn gewählt hat, als Betrug betitelt und einem mutierten Coronavirus in Dänemark. Dass diese Woche auch noch der Lockdown light in Deutschland begonnen hat, scheint in dem Trubel, der Unruhe und Weltschmerz auslöst, fast vergessen zu sein. Aber bleiben wir realistisch: Es gibt da draußen genug Coronaleugner*innen, die sich nur für ihre kleine Blase interessieren und auf den Rest der Welt einen sogenannten F*ck geben. Gerade bin ich am überlegen, ob ich mich für diese Zeilen, die ich in Rage schreibe, entschuldigen sollte und ob ich das Ganze vielleicht doch positiver formulieren soll, einfach das Weltgeschehen nicht in den Beitrag packen sollte. Aber: warum sollte ich das tun? Es ist die Realität und auch wir, die sich seit Jahren mit Kunst auseinandersetzen, beschäftigen sich automatisch mit Politik.

An dieser Stelle möchte ich gerne meine Rage beenden, denn wir wollen euch mit diesem Post unterschiedliche Zufluchtsmöglichkeiten anbieten. Optionen, die euch mit anderen Themen konfrontieren, mit denen ihr in Austausch treten oder euch einfach nur von Kunst inspirieren lassen könnt. Für euch hat das Kune-Netzwerk einige Ideen gesammelt. Ihr habt auch einen spannenden Vorschlag? Dann kommentiert gerne unter diesem Beitrag.

In diesem Sinne: Spread love.

Eure Jessy i.A. Kune

Paul – Eine tägliche Dose Kunst

Die Website Contemporary Art Daily gibt täglich neue Einblicke des aktuellen Ausstellungsgeschehens in Galerien und darüber hinaus. Hier kann man sich inspirieren lassen und sehen, was weltweit in der Kunst so los ist. Oder sogar schon planen, wo man vielleicht mal hinwill, wenn wieder geöffnet ist.

Die Aufmachung der Seite ist schlicht. Die Ausstellungsansichten und Fotografien einzelner Kunstwerke können für sich wirken – eine Art digitaler White Cube. Ausgewählte Bilder geben einen kurzen Eindruck; per Klick auf einen Link bekommt man weitere Ansichten und oft auch ein Video zu den Ausstellungen. Das Archiv geht zurück bis 2008. Wenn man also durch die Neuigkeiten durchgescrollt hat, ist genug Bildmaterial da, um die Zeit der Schließung zu überbrücken.

Und wem die Website doch zu umständlich ist, kann die Updates auch einfach unter @c.a.daily auf Instagram abonnieren.

Julia – Corona macht erfinderisch: Homo Universalis

Der in Mehrstetten lebende Medienkünstler Wolf Helzle hat das Online-Fotoprojekt Homo Universalis gestartet. Über ein Videokonferenz-Programm fotografiert der Künstler online von 14–16 Uhr täglich Menschen aus aller Welt.

Die verschiedenen Aufnahmen werden anschließend mittels einer selbst entwickelten Software zu einem Gesamtportrait zusammengefügt. 50.000 Menschen aus Europa, Asien, Afrika und Amerika hat Helzle in den letzten 24 Jahren bereits fotografiert. Durch Corona kommt die Welt nun online in sein Atelier. Wer Teil dieses Kunstwerks werden möchte, kann sich auf seiner Website genauer informieren. Das Projekt läuft bis zum 30. November 2020.

Gitta – Kurzfilmfestival: 20minmax

Kurzfilme sind großartig. Innerhalb kürzester Zeit springt man von Welt zu Welt. Die Kunst eine Story zu erzählen wird hier auf wenige Minuten verdichtet und widerspricht vielleicht den momentanen, von endlosen Staffeln geprägten Sehgewohnheiten. Seit 2006 hat Ingolstadt sein eigenes internationales Filmfestival für Kurzfilme, das 20min|max. Vom 12. bis 21. November von 20 bis 23.59 Uhr ist das Programm online für einen Festivalpass von knapp 10 € zu sehen. Seit 2016 gibt es eine eigene Sparte mit Filmen aus dem Süden Deutschlands, also aus Baden-Württemberg und Bayern, aber es gibt auch den „Weird Movies Award“, „Art & Experimental“, oder, ganz aktuell, die „Corona Short Films“. Die Filme thematisieren sehr Unterschiedliches, sei es den gängigen Machtmissbrauch in der Filmindustrie (023_Greta_S), einen Tag im Leben eines jungen Elternpaares während einer Pandemie (Lockdown with a Baby), oder das Leben nach der Apocalypse (Mad Marx).

Franziska – Kunsthalle Memmingen: Zeitreise zum Jubiläum

Die mewo Kunsthalle in Memmingen (Unterallgäu) feiert diesen November ihr 15-jähriges Bestehen. Das Jubiläum sollte groß gefeiert werden, doch mit dem Lockdown müssen leider neben dem Ausstellungsbesuch auch die Feierlichkeiten entfallen.

Kunsthalle Memmingen. Foto © Achim Kukulies.

Ein Jubiläums-Programmpunkt bleibt uns dank Social Media jedoch erhalten:

Für Instagram und Facebook wird eine bilderreiche Rückschau auf die vergangenen 15 Jahre aufbereitet. Bis zum tatsächlichen Jubiläumstag, dem 25.11.2020, werden Impressionen aus über 80 Ausstellungen mit regionalen, nationalen und internationalen – bekannten und weniger bekannten – Künstler*innen geteilt. Dabei gab es neben den klassischen Ausstellungsmodellen auch Kooperationen mit Theater, Literatur, Musik und diversen Bildungsstätten. Beeindruckend, welche großartigen Ausstellungen ein doch so „kleines“ Haus (im vormals königlichen Postamt) den Besuchern*innen aufzutischen vermochte.
Als gebürtige Memmingerin konnte ich leider nur einen Teil der Ausstellungen live miterleben, umso mehr freue ich mich darauf – via digitaler Zeitreise – ein paar mehr Einblicke aus den vergangenen Ausstellungsjahren zu gewinnen. Vielleicht bekommt ihr beim Stöbern auch direkt Lust auf einen Museumsbesuch im Allgäu. Instagram: https://www.instagram.com/mewo_kunsthalle/

Lisa – THERE IS ANOTHER WAY OF LOOKING AT THINGS

Gerade in diesen Tagen eine wichtige Aussage: Es gibt (immer) eine andere Art, die Dinge zu betrachten. Sei es im Zusammenhang mit der Pandemie, mit dem Umgang mit unserer Erde, mit den gerade stattfindenden Wahlen in den USA. Alles kann von unterschiedlichen Blickwinkeln und Standpunkten aus betrachtet werden. Manchmal ist es ein step to the side, der uns zum Umdenken anregen kann. 

Gezeigt werden in der Ausstellung THERE IS ANOTHER WAY OF LOOKING AT THINGS im Schauwerk Sindelfingen zehn Werke der Künstler*innen Ai Weiwei, Lee Bul, Tony Cragg, Jeppe Hein, Lori Hersberger, Maurizio Nannucci, Giulio Paolini, Mario Schifano und Erwin Wurm aus der Sammlung Schaufler.

„Die Werke geben Aufschluss darüber, was zeitgenössische Kunst nicht nur in Krisenzeiten macht: Sie beziehen Stellung, indem sie über das Leben und die Werte unserer Zeit nachdenken.“

Und genau diese Stellungnahmen und einen kleinen Ansporn zum Nachdenken brauchen wir Menschen doch alle immer mal wieder. Das Schauwerk Sindelfingen stellt eben dafür einen Resonanzraum zur Verfügung. Und da es nun momentan nicht live geht, dann eben durch Einblicke auf Instagram und einen Kurzfilm:

Nice to know: Der Titel der Ausstellung ist ein Zitat aus der gleichnamigen Neonarbeit des italienischen Künstlers Maurizio Nannucci, das 2012 entstanden ist und ebenfalls in der Ausstellung zu sehen ist.

Vanessa – The Museum of the World 

Das British Museum in London ist für die meisten von uns nicht jederzeit erreichbar. Mit der aktuellen Situation und den damit verbundenen Reisebeschränkungen rückt die Stadt, das Museum und vor allem die Kunst in noch weitere Ferne. Eine Alternative existiert allerdings bereits seit dem Frühjahr 2020.

Unter https://britishmuseum.withgoogle.com/ könnt ihr jederzeit von zuhause aus in das Museum of the World eintreten und die Vielfalt der Kunst entdecken. Durch die Jahrhunderte, ja Jahrtausende könnt ihr von Werk zu Werk reisen, akustische oder schriftliche Informationen über Objekt, Kultur und Epoche aufnehmen und Verbindungen zwischen den einzelnen Kunstwerken entdecken. 

In einer anschaulichen Grafik reisen wir sehr gerne vom Sofa aus den Zeitstrahl entlang und freuen uns auf die spannende Entdeckungsreise durch die Kunst der Jahrtausende. Also ein guter Ersatz für den realen Besuch des Museums, der vorerst wohl nicht möglich sein wird.

Jessy – »Bunch of Kunst in Quarantine // Paradox Paradise« 

Ihr seid technisch top aktuell ausgestattet? Dann habt ihr sicherlich irgendwo eine VR-Brille liegen, mit der ihr schon regelmäßig in virtuelle Welten gewandert seid. Warum das gute Ding nicht auch mal nutzen, um eine virtuelle Ausstellung zu besuchen? In der Ausstellung „Bunch of Kunst in Quarantine“ sind über 20 Künstler*innen vertreten. Mara-Johanna Kölmel und Tina Sauerländer stellen die Frage, wie bildende Kunst alternative Wege der Reflexion, Transformation und Solidarität eröffnen kann. Das Projekt ist Teil von KARA AGORA, dem neuen Online-Kunst- und Forschungszentrum für Mozilla-Hubs, das vom Cultural of Solidarity / European Cultural Foundation finanziert wird.

Die Ausstellung kann auch ohne VR-Brille online bis zum 30. November 2020 besucht werden.

Ausstellungsansicht: „Bunch of Kunst in Quarantine“ Liminal Latitudes, 2020.

Kulturkiosk Stuttgart

Dieses Jahr am Züblin-Parkhaus in Stuttgart eröffnet, bietet der Kulturkiosk im November zwei spannende Online-Angebote an. Jeden Montag kann das Hirn gefordert werden, indem man den Lesekreis Techniktheorie beitritt. Es bleibt frei, ob man fleißig mitdiskutieren oder sich einfach nur berieseln lassen will. Am 21. November findet zudem via Facebook-Livestream ein Gather Round statt, bei dem die alten Vinyls ausgepackt werden und zum Tanzen eingeladen wird.

Wie ihr seht, gibt es es eine Menge spannende Onlineangebote. Es gibt aber noch eine Möglichkeit sich Kunst in real anzusehen: kommerzielle Galerien. Beim nächsten Spaziergang durch die Stadt also gerne auch einen Stop in der Galerie einplanen.

Die Gruppenausstellung „fünfundzwanzigjahreklassencordulagüdemann“ in der Galerie Ewald Schrade auf Schloss Mochental ist zu den regulären Öffnungszeiten bis 15.11.2020 geöffnet. Bild: Werke von Anna Huxel.

Wenn ihr noch mehr Ideen haben wollt, dann schaut auch gerne bei unseren alten Kunst-Quarantäne-Paketen von diesem Frühjahr rein.