Kunst-Podcasts 2019

Man muss heute noch häufig über einen Tipp einer anderen Person auf einen Podcast aufmerksam gemacht werden. Zufällig einen finden, ist Glückssache. Diese Schwierigkeit nahmen wir uns zum Anlass, die Kunst-Podcasts, die Jessica dieses Jahr gehört hat, zusammenzustellen.

Nicht nur das Jahr 2019 neigt sich langsam dem Ende zu, auch das Jahrzehnt der 2010er verabschiedet sich. Rückblickend war es ein turbulentes Jahrzehnt, mit unzähligen Veränderungen. Im Privaten haben mit Sicherheit all die neuen, mal mehr und mal weniger gut funktionierenden Streaming-Dienste unseren Alltag verändert. Wir können jederzeit bestimmen, was wir wann und in welchem Maße sehen, hören und lesen wollen. Wir sind freier und selbstbestimmter. Gleichzeitig verlieren wir den Überblick über dieses unendliche Angebot und sind überfordert uns etwas Neues auszusuchen oder gar zu finden; bleiben bei dem, was wir kennen.

Um dem etwas entgegenzusetzen und zu sehen, was die Welt der Podcasts zu bieten hat, habe ich mich die vergangenen zwei Monate auf die Suche begeben und explizit nach Podcasts gesucht, die das Thema Kunst aufgreifen. 

Die erste Begegnung mit Podcasts – Eine kurze Geschichte

Dieses Medium ist mir persönlich um 2007 das erste mal begegnet, als ich meinen neuen iPod mit seinen 4 GB in der Hand hielt und dachte, dass da Platz für die ganze Welt drauf sei. Im Musikprogramm sah ich dann im Menü links den Reiter „Podcast“ und dachte erst an Wetter (weather forecast und so). Schnell wurde ich eines Besseren belehrt, als ich ganz vorsichtig, ich hatte ja schließlich Angst irgendwas zahlen zu müssen (Es waren andere Zeiten!), mir so einen Podcast heruntergeladen habe. Kurzum: Er war super langweilig. Irgendwelche Männer erzählten von irgendwelchen Themen, die mich in diesen jungen Lebensjahren nicht interessierten. Zudem musste man sich das Ganze extra herunterladen und auf ein Endgerät speichern, damit man es sich unterwegs anhören konnte. Das war nichts für mich. Ich vergaß das Medium schnell. Da war ich mit Sicherheit nicht alleine.

Erst durch den Start und den Boom von Musik-Streaming-Diensten wie Spotify habe ich Podcasts wiederentdeckt. In meiner persönlichen Filterblase so etwa 2016. Bis heute steigt das Angebot kontinuierlich. Man bekommt zu allen Themen- und Lebensbereichen Meinungen aufgedrückt, Geschichten erzählt und Hilfe angeboten. Dass da auch die Kunst Platz finden muss, sollte klar sein. Doch wo findet man diese genau?

Kunst-Podcasts

Ich war überrascht. Tippt man den Begriff „Kunst“ bei Spotify ein, findet man nicht nur wenige Podcasts über Kunst oder von Künstler*innen, sondern sogar eher Coachingangebote und Ratgeber wie „Die Kunst, dein Ding zu machen“ oder „Die Kunst der Selbstbeeinflussung“. Das ist natürlich nicht genau das, wonach ich Ausschau halte. Es fiel mir schwer, schnell und einfach an gute Podcast zu kommen. Ich fragte unsere kleine Community auf Instagram, die folgende Titel nannte: Art & Ideas (BBC Radio 3), Getty Podcast (J. Paul Getty Trust), The Conversation Pod (@Artistpodcast), Artipoeus und Monopol detektor.fm. Interessant, nur ein einziger deutschsprachiger Podcast war dabei. 

Kein Wunder, auf Spotify lassen sich unter dem Begriff „Kunst“ nicht besonders viele finden. Der Algorithmus der Musik-Streaming-Angebote scheint noch nicht ganz so ausgefeilt zu sein, wie diejenigen anderer Social-Media-Kanäle. Man muss heute noch häufig über einen Tipp einer anderen Person auf einen Podcast aufmerksam gemacht werden. Zufällig einen finden, ist Glückssache. Diese Schwierigkeit nahm ich mir zum Anlass, die Kunst-Podcasts zusammenzustellen, die ich dieses Jahr gehört habe.

Ich nenne lediglich deutschsprachige Podcasts sowie jene, die über das Jahr hinweg in regelmäßigen Abständen Folgen hochladen und nicht nur zu Anfang diesen Jahres die große „Wir-müssen-jetzt-auch-einen-Podcast-machen“-Welle mitgenommen haben.

#1 Kunst und Leben – Der Monopol-Podcast – detektor.fm

Elke Buhr, die Chefredakteurin des Kunstmagazins Monopol, spricht mit der detektor.fm Moderatorin Sara Steinert circa eine Stunde über aktuelle Themen der internationalen Kunstszene. In der Regel wird die Thematik durch ein*e weitere*r Redakteur*in der Monopol erweitert, sodass man eine weitere Sicht auf die Dinge erhält. Die Fragen, die gestellt werden, sind vielseitig und aktuell. Was mir besonders gut gefällt ist, dass nicht nur über Kunst geredet wird, sondern auch über Begegnungen, den Alltag von Kunstjournalist*innen geplaudert wird und man das Gefühl bekommt Frau Buhr etwas näher zu kommen als nur über das Magazin. Zur Vorbereitung auf den Biennale Besuch habe ich die entsprechende Folge vom 01.06. verschlungen. Es ist sehr interessant, wie Elke Buhr aus dem Nähkästchen plaudert, wie die Redaktion sich auf der Biennale bewegt, arbeitet und lebt. Sehr aktuell finde ich zudem die Folge „Kunst und Klima“ vom 01.11., die verschiedene Facetten des CO2-Verbrauchs von Künstler*innen und Kunstwerken thematisiert. Das Thema Nachhaltigkeit bekommt immer mehr Raum in der Gesellschaft, doch scheint diese nur langsam in den Kunst- und Kulturbereich Beachtung zu finden. Ein Feld, das die nächsten Jahre mit Sicherheit intensivere Beschäftigung finden wird.

#2 FINDING VAN GOGH – Städel Museum

Das Team des Städels hat sich da was Feines ausgedacht. Zur großen Ausstellung „Making van Gogh“, die im Städel noch bis zum 16.02.2020 zu sehen ist, wird nach einem Bild gefahndet. Das Werk „Das Bildnis des Dr. Gachet“ des Künstlers Van Gogh, das ursprünglich in der Sammlung des Hauses war, ist seit einer Kunstauktion 1990 verschwunden. In fünf Episoden macht sich der Journalist Joachim Nichelmann in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, der Schweiz und den USA auf die Suche. Man erfährt nicht nur vieles über das Werk und den Künstler, sondern auch einiges über die Geheimnisse, die Auktionshäuser hüten (müssen), die Rolle von Zeitungen während des Nationalsozialismus und wie Käufer*innen und Kunsthändeler*innen aus Japan Anfang der 1990er Jahre den Kunsthandel bestimmt haben. Wer auf Krimis und Geheimnisse steht, ist mit diesem Podcast wohl bedient. Zudem legt das Städel die Latte der institutionellen Kunst-Podcasts mit dieser Produktion sehr hoch und ich bin gespannt, ob und wie dieser im kommenden Jahr Wellen schlagen wird.

#3 Hotel Matze: „Johann König – Wie findet man seinen Weg in die Kunst?“, 25. September 2019 

Der Berliner Galerist Johann König als Marke boomt. Nicht nur expandierte seine Galerie 2019 mit einem weiteren Sitz nach Japan, auch veröffentlichte er dieses Jahr seine Memoiren in dem Buch „Der blinde Galerist“. Mehrmals zeigte er dieses Jahr, wie soziale Medien für politische Zwecke genutzt werden können (EU-Wahlen; FAZ-Party etc.). 

„Ich wusste vorher schon, dass ich in dem gut bin, was ich mach.

Das Gespräch von Matze Hielscher vom Podcast „Hotel Matze“ und Johann König hatte etwas Startschwierigkeiten, was auf die lange Sommerpause geschoben wurde. Es hat sich zu Beginn etwas verlaufen. Es lohnt sich bei dem 101-minütigen Gespräch dran zu bleiben: Man erfährt wie die Privatperson Johann König zu Johann König, „zu einem der bedeutendsten Galeristen Deutschlands“ (ZEITonline, 5. Juni 2019) wurde, welche Entscheidungen er getroffen hat und was ihn motiviert. König sagt von sich selbst: „Ich wusste vorher schon, dass ich in dem gut bin, was ich mach. Und das muss man sich auch zugestehen können, weil ich weiß einfach wie der Kunstbetrieb funktioniert […].“ Dieser Optimismus und Tatendrang stecken an und bleiben noch nachhaltig im Gedächtnis.

#4 heliumTalk

Auf den Podcast von Jörg Heikhauser bin ich erst vor kurzem gestoßen. Er selbst ist unter dem Namen Alex Diamond als Künstler tätig und gründete die heliumcowboy artspace gallery in Hamburg. Querbeet unterhält er sich in seinen Podcasts alle zwei Wochen mit Künstler*innen, Kurator*innen, Sammler*innen und weiteren kulturliebenden Menschen. Eine Stunde spricht er sich mal auf deutsch, mal auf englisch (abhängig vom Gegenüber) mit den Gästen und redet über Techniken, Ideen, Inspirationen und Ängste. Die Gespräche sind sehr locker, es macht Spaß zuzuhören, kostet keine Mühe. Man lernt viel über die Personen, Arbeitsweisen, Wünsche und Hintergründe. Ein Artist-Talk für die Ohren.

Das gängige Hallo zu Beginn, das man so mittlerweile von überall her kennt, bildet jedoch einen extremen Kontrast zu den Interviews. Es wirkt sehr steif und man wird meines empfindens nach penetrat aufgefordert den Podcast zu bewerten und zu folgen (in einer der letzten Episoden ist das meiner Meinung nach ausgeartet, auch wenn es locker klingen sollte). Mein Tipp: Spult die ersten 2-4 Minuten vor und hört Euch die interessanten Gespräche an.

Das ist eine kleine, aber feine Liste, die Euch vielleicht den Start in das große Podcast-Universum etwas erleichtern kann. Wenn ihr noch weitere Vorschläge habt, dann kommentiert sehr gerne unter diesem Beitrag, schreibt uns eine E-Mail oder kontaktiert uns über unsere sozialen Medien. Ich werde auch 2020 diese Thematik verfolgen und zu meiner öffentlichen Spotify-Playlist immer wieder interessante Folgen hinzufügen. Schaut auch da gerne regelmäßig vorbei.