Die Arbeiten von Vera Leutloff (*1962) sind lebendige, farblich geschichtete und kontrastreiche Bildräume voller Energie. Im Fokus des malerischen Prozesses, wo die Farbe auf der Leinwand übereinander geschichtet und in konzentrierten Pinselführungen in Bewegung gebracht wird, stehen gerade die Farbe und Bewegung im Vordergrund: „Die Formgebilde sind die Bühne für das, was Farbe und Bewegung machen“ fasst Leutloff zusammen.
Vera Leutloff begann ihre künstlerische Laufbahn mit einem Studium an der Kunstakademie Düsseldorf, welches sie als Meisterschülerin bei Professor Alfonso Hüppi abschloss. Seitdem waren ihre Arbeiten in rund 100 Einzel- und Gruppenausstellungen zu sehen.
Leutloff ist in zahlreichen privaten und öffentlichen Sammlungen vertreten, seit 2019 ist sie auch Teil der Sammlung des Kunstmuseums Reutlingen. Die Überblicksausstellung im Kunstmuseum Reutlingen | konkret zeigt nun rund 70 Werke, die zwischen 1989 und 2022 entstanden sind und führt durch die verschiedenen Stufen ihres künstlerischen Schaffens.
Frühwerke von Vera Leutloff
In ihren frühen Werken beschäftigt sich die Malerin mit der Darstellung von Landschaften. Die gezeigten Arbeiten geben einen Ausblick auf eine sich ausbreitende Landschaft, den Blick durch ein Fenster auf ein landschaftliches Gebilde. Wir können Büsche erkennen, Bäume, Anhöhen. Die Landschaft wird durch abstrakte und formale Gebilde eingerahmt und in Zaum gehalten, durchbrochen und festgehalten.
Diese Formelemente unterstreichen die Komposition. In Leutloffs späteren Werken werden diese abstrakten Elemente zunehmend dekorativer. Durch die Hängung und die Architektur der Wandelhallen entfalten sich die Werke vor unseren Augen, wir vergleichen und fangen an zu verstehen.
Berge & Flora
Wir streifen weiter durch die Abstraktion der Natur. Gräser und Blätter in bunten Farben. Berghänge werden hervorgehoben, flächig und entfremdet. Für einen Moment wirkt das, was man sieht, fotorealistisch, im nächsten Moment glaubt man vor einem digital entstandenen Kunstwerk zu stehen: So perfekt wirken die Linien und Flächen. Doch zugleich wiegen sich die Gräser und Blätter im unsichtbaren Wind. Die Farbe bewegt sich.
Stangen, Thicket & Kreise
Zweige, Halme und Äste entfalten sich auf der Leinwand – die Natur steht Modell. Der erster Impuls ist es diese Zweige beiseite zu streifen; tiefer in das Bild zu gelangen. Neugierig, gefesselt: Was wird uns am Ende erwarten, wohin sind wir unterwegs? Doch die Äste vor uns geben nicht nach. Durch ihre Farbigkeit wirken sie noch härter und widerstandsfähiger. Ohne Kontext wäre vor allem die Abstraktion augenscheinlich. Die Linien, Formen und Kreise wirken perfekt gezogen.
Izizague & Circular Oszillation
Im Vergleich zu den früheren Werken von Vera Leutloff wirken diese Arbeiten verwandelt und fremd. Doch trotz aller Veränderungen sind frühere Ansätze und malerische Prozesse nicht verworfen. Nein, sie werden fortgeführt. Es geht nicht mehr um die Abstraktion von Motiven aus der Natur. Farbe und Wirkung bilden nun die Pole, zwischen denen sich ihre Kunst bewegt. Holger Kube Ventura, Leiter des Kunstmuseums Reutlingen | konkret bringt es auf den Punkt: „Leutloffs Bilder sind vollständig zu Farbklangräumen geworden, deren Fusion von Formen, Bewegungsspuren und lautmalerischen Werktiteln eine fast schon synästhetische Wirkung erzeugen.“
Farbe in Bewegung
Abstrakt und realistisch. Lebend, bunt und bewegt. Farbe in Bewegung. Es ist eine Sache davon zu schreiben, eine andere es selbst zu sehen. Nehmt die Gelegenheit war und lasst die Ausstellung selbst auf euch wirken.
Die Ausstellung „Vera Leutloff: Farbe in Bewegung“ ist noch bis zum 12. März 2023 im Kunstmuseum Reutlingen | konkret zu sehen. Ein begleitender, zweisprachiger Ausstellungskatalog mit Texten von Holger Kube Ventura, Vera Leutloff, Eva Müller-Remmert und Noemi Smolik ist erschienen.