Im Gespräch mit: Valentin Mackh

Umgeben von Leinwänden mit Fußballspielern und Rosen sprechen wir im lichtdurchfluteten Wohnatelier mit Valentin Mackh darüber, wie die Umgebung die Arbeit als Künstler beeinflusst, wie es ist, beim Abendessen Farben anrühren zu können und was für Wünsche man hat, wenn man neben der Kunst auch einem anderem nachgehen muss.

Mit der U-Bahn fahre ich in den Stuttgarter Osten. Nachdem ich Stäffele bezwungen habe, kann ich einen wunderbaren Blick über die Kesselstadt genießen. Ich stehe vor einem Haus mit großen Fenstern. Es ist ein Atelierhaus. Hier wohnt und arbeitet Valentin Mackh.

An der Akademie der Bildenden Künste (Abk) in Stuttgart studierte er von 2011 bis 2018 Bildende Kunst und widmet sich seitdem der Malerei. Die finanzielle Realität sieht, wie bei vielen Künstler:innen, jedoch anders aus: Mit der Geburt seiner Tochter begann Valentin wieder als Landschaftsgärtner zu arbeiten. Darin machte er eine Ausbildung, bevor er sich für das Kunststudium entschied.

Bei einem Bier sitzen wir in seinem Wohnatelier zwischen Leinwänden und Malutensilien, hören einen wilden Mix an Musik der letzten 30 Jahre und sprechen über Valentins Studium, seine Kunst und die Situation, von seiner Kunst nicht leben zu können.

Valentin Mackh in seinem Wohnatelier

Lieber Valentin, danke dass du dir heute Zeit nimmst. Wie bist du denn zur Kunst gekommen?

Natürlich habe ich als Kind schon viel gezeichnet und gemalt. Nach meiner Ausbildung als Landschaftsgärtner und nach dem Abi stand ich vor der Frage, was ich nun studieren soll. Zur Auswahl standen für mich naturwissenschaftliche Fächer oder Kunst. Und dann habe ich mich für die Kunst entschieden.

War für die Entscheidung ein Studium der Bildenden Kunst anzutreten der Punkt des Kreativseins wichtig?

Ja, schon auf jeden Fall. Vor dem Studium habe ich bei dem Bildhauer Eckart Dietz, einem freischaffenden Künstler, ein Praktikum gemacht. Dort habe ich aber auch gemerkt, dass Künstlersein viel Arbeit bedeutet. Zwar war er in seiner Tätigkeit als Bildhauer sehr frei, aber in dem von ihm gesetzten Rahmen arbeitete er sehr hart.

Nun malst du aber hauptsächlich. Hast du an der Abk Malerei studiert, oder wie lief dein Studium ab?

Da ich das Praktikum gemacht habe, bin ich zu Werner Pokorny in die Grundklasse gekommen. Nach zwei Semestern in der Grundklasse entscheidet man erst, in welche Fachklasse man geht. Und da habe ich mich für Malerei entschieden.

Was hat dich in dieser Zeit des Studiums am meisten geprägt?

Am meisten geprägt hat mich die Erfahrung mit der freien Klasse. Wir haben nach der Grundklasse, im dritten oder vierten Semester, eine freie Klasse gegründet, eine Klasse ohne Professor:in. Wir, das heißt Studierende aus unterschiedlichen Klassen, auch aus verschiedenen Studiengängen wie Bühnenbild und Design. Dort habe ich die meiste Zeit verbracht. Wir haben uns gegenseitig unsere Arbeiten gezeigt, darüber diskutiert, sind zusammen in Ausstellungen gefahren. Und solch ein Austausch finde ich auch heute noch spannend.

Wie würdest du deine Kunst beschreiben?

Figürlich. Ich hatte eine Phase, in der ich nur schwarz-weiß gearbeitet habe. Das heißt eigentlich nur Kohlezeichnungen, Lithographien und Radierungen, und wenn ich gemalt habe, dann nur schwarz-weiß. Mit einem Atelierwechsel habe ich gedacht: „komm, fang mit Farbe an!“. Dort habe ich dann abstrakt gearbeitet, aber das hat nicht lange angehalten. Ein weiterer Atelierwechsel war der Anlass zu den Sachen, die ich jetzt mache. Die Atelierwechsel haben also immer eine Veränderung in meine Arbeiten hervorgerufen, wobei es auch immer ein Zusammenhang gibt und eine Entwicklung in der Bildsprache erkennbar ist. Ich konzentriere mich meist auf ein Medium im Sinne von den Materialien, die ich verwende. Aktuell ist es Acryl-Farbe.

Leinwände und Malutensilien
An den Wänden hängen Valentins Werke

Momentan arbeitest du an Bildern mit männlichen Fußballspielern und Rosen, wie kam es dazu?

Ich habe angefangen, nur noch die Dinge zu malen, die ich wirklich malen will. So war meine abstrakte Phase eigentlich ein Selbstbetrug. Zu den Bildern bin ich eigentlich über meine Tochter, meine Nichte und meinen Neffen gekommen, weil ich mit ihnen Buntstiftzeichnungen angefertigt habe. In einem Urlaub hatte ich ein Buch mit Fotografien von Fußballern aus dem Jahr 1994 dabei und ich begann, die Fußballer mit Buntstiften abzuzeichnen. Die Faltenwürfe, die Farben von den alten Trikots und die Dynamiken der Fußballspieler haben mich fasziniert. Die Verbindung mit den Rosen kommt auch durch meine Tochter. Ich habe ihr Zeichnungen von Rosen angefertigt, die sie ausmalen kann. Ich habe zu dieser Zeit auch wieder angefangen, als Landschaftsgärtner zu arbeiten. Wie es dazu kam, dass ich beides kombiniert habe, weiß ich nicht mehr. Ich wollte etwas machen, was etwas drüber ist, etwas kitschig. Es gibt so geile Rosen, es gibt so geile Trikots, das habe ich zusammengeführt.

Wie entsteht bei dir ein Werk?

Ich fertige vorher Zeichnungen an, Collagen. Aber auch nicht immer. Oft stehe ich mit meinem Fußballbuch und meinem Rosenbuch da und schaue, was zusammengehen könnte. Am Anfang habe ich Teile aus den Büchern ausgeschnitten und übereinandergelegt, das bereue aber, da es nicht die beste Idee war, meine Bücher zu zerschneiden. Die Auswahl, was zusammengeht, dauert manchmal aber sogar Stunden. Da wird vorher viel an der Idee gearbeitet. Das hat auch mit der Leinwandgröße zu tun.

Im „Rosenbuch“ holt sich Valentin Inspiration

Was inspiriert dich?

Meine Inspiration nehme ich aus meinen zwei Büchern: dem Fußballbuch und dem Rosenbuch. Derzeit. Meine Inspiration habe ich mir aber auch während des Studiums in Ausstellungen geholt. Da haben mich Alte Meister geprägt, Rubens, aber auch Cézanne. Mittlerweile stört mich andere Kunst eher und ich hole mir meine Inspiration mehr durch andere Menschen. Die Ausstellung, die ich besuche, ist das Leben (lacht).

Ein Blick auf Valentins Arbeitsplatz

Du wohnst in deinem Atelier. Was für eine Bedeutung hat das für dich und deine Kunst?

Eine sehr große Bedeutung, das ist das Beste. Da ich 100% arbeite, und ich dann abends nicht noch irgendwo anders hin muss, sondern hier während meines Abendessens Farbe anrühren kann. Aber manchmal habe ich auch schwere Gedanken dazu, da es natürlich doof ist, dass ich in einem Wohnatelier lebe, es aber die meiste Zeit gar nicht nutzen kann, weil ich eben arbeiten muss, um Geld zu verdienen.

Die große Fensterfront erhellt den Raum

Du bist rund um die Uhr von deinen Werken umgeben, wie ist das?

Das ist natürlich schön. Aber ich kann auch abschalten und muss nicht die ganze Zeit darüber nachdenken. Wenn mich Freund:innen besuchen kommen, kommentieren viele auch meine Arbeiten und wir sprechen über die Bilder.

Wie sieht ein Arbeitstag in deinem Atelier aus?

Ich mache mir morgens ein Kaffee und dann geht’s direkt los, weil ich richtig Lust habe, die Zeit zu nutzen. Ich mache Musik an und dann wird gemalt. Ich habe den Kopf voll mit Ideen.

Was wünschst du dir für die Zukunft?

Ich wünsche mir definitiv mehr Zeit für meine Kunst. Eine höhere Anerkennung für die Künstler:innen, die zwar nicht von ihrer Kunst leben können, aber trotzdem sehr gute Arbeit leisten. Zum Beispiel, dass Künstler:innen auch für Transporte und Aufbauten bezahlt werden. Ich habe auch immer wieder Werke von mir zerstört, da die Aufbewahrung ein großes Problem darstellt. Ich habe keinen Platz und kann mir ein Kunstlager nicht leisten. Das muss auch gesehen werden. Und ich hätte gerne einen Mäzen (lacht).

Vielen Dank für die Einladung in dein Atelier und das offene, interessante Gespräch!

Mehr von Valentin Mackh bei hannesvalentin@gmail.com

Fotos von Verena Lebherz. Alle darin gezeigten Gemälde und Zeichnungen © Valentin Mackh