Kunst in den eigenen vier Wänden: Ein transportables Fresko von Christopher Amm

Heute lädt Atessa zu sich nachhause ein und teilt ihre Eindrücke zu einem transportablen Fresko des Künstlers Christopher Amm mit euch. Fresken gibt es nämlich nicht nur in Kirchen und Kapellen, sondern auch als kleinere Version für die eigenen vier Wände.

Die große Deckengestaltung Michelangelos in der Sixtinischen Kapelle im Vatikan gehört zu den bedeutendsten Fresken der Kunstgeschichte. In der aufwändigen Technik der Freskomalerei stellte der Künstler die Schöpfungsgeschichte in einem Detailreichtum dar, der die Betrachtenden in Staunen versetzt. Fresken sind allerdings nicht nur in Kapellen oder Kirchen zu finden, sondern auch als transportable Version für die eigenen vier Wände! Der in Berlin lebende Künstler Christopher Amm beschäftigt sich seit einiger Zeit mit dieser Form der Freskomalerei. In meinen eigenen vier Wänden hängt eine seiner Arbeiten. Deshalb lade ich euch heute zu mir nachhause ein. 

Christopher Amm, o. T., 2020, 71 x 51 cm, Fresko

Freskomalerei

Der Künstler greift hier eine Technik auf, die seit dem Altertum bekannt ist und ihre Blütezeit in Europa in der Renaissance und im Barock erlebte. Wesentliches Merkmal dieser Freskomalerei ist das Auftragen der Farbe auf den noch frischen Kalkputz. Es muss genau und rasch gearbeitet werden, denn ist der Putz trocken, können keine Korrekturen mehr vorgenommen werden. Die trockene Schicht kann lediglich mit einer weiteren Putzschicht überarbeitet werden. Einem in der Regel sehr feinkörnigen Oberputz gehen zunächst mehrere Schichten – meist aus Sand und Kalk – voraus, was die Freskomalerei zu einer zeitintensiven und anspruchsvollen Technik macht. Auch im kleineren Format findet das Auftragen und Bearbeiten der Putzschichten Anwendung. Gerade dieser arbeitsaufwändige Prozess ist für Christopher Amm allerdings wichtig, denn hier entwickelt sich seine Idee der Arbeit. Das 71 x 51 cm große Fresko ist durch die handliche Größe zwar transportabel, jedoch durch die unterschiedlichen Schichten keineswegs so leicht wie eine Leinwand. Das Gewicht steht damit im klaren Kontrast zum dargestellten Motiv eines weich fließenden Stoffes.

Stoff

Zu sehen ist der Faltenwurf eines blauen Stoffes, der durch seine fließende Draperie und seine blaue Farbe zunächst Ruhe und Sinnlichkeit ausstrahlt. Es bleibt jedoch offen, ob der Stoff nur lose über einen Gegenstand gehängt wurde oder Teil eines Vorhangs ist. Insbesondere Letzteres ruft den Gedanken an etwas Geheimnisvolles und Verborgenes hervor. Verstärkt wird dieser Eindruck durch die dunkelbauen Ecken links oben und rechts unten. Die Frage „Was verbirgt sich dahinter?“ drängt sich auf und die Neugier wird geweckt.

Licht

Bei genauerer Betrachtung des Freskos kommt dem Licht eine wesentliche Bedeutung zu. Je nach Tageszeit und Lichteinfall werden unterschiedliche Elemente des Freskos hervorgehoben. Die Farbe des Stoffes changiert dabei von einem hellen Meeresblau bis zu einem fast schon schwarz wirkenden Dunkelblau. Auf diese Weise werden unterschiedliche Assoziationen geweckt. Ich sehe am oberen Bildrand beispielsweise ein – vom Künstler gar nicht intendiertes – gutmütig dreinblickendes Gesicht. Licht spielt aber nicht nur in der Farbwiedergabe des Stoffes eine Rolle. Auch der Faltenverlauf wird von einem interessanten Lichtspiel nachgezeichnet.

Schauplatz zahlreicher Assoziationen

Äußere Gegebenheiten, die eigene Stimmung und nicht zuletzt die abstrahierte Gestaltung des Motivs machen den Faltenwurf zu einem Schauplatz unterschiedlicher Entdeckungen.