Fashion?! Was Mode zur Mode macht – im Landesmuseum Württemberg

Das Landesmuseum Württemberg zeigt in seiner Ausstellung „Fashion?! Was Mode zur Mode macht“, Mode und ihre ungewöhnlichen, flexiblen, transformierenden Möglichkeiten. Dabei wird die Unterschiedlichkeit der Macher:innen, Träger:innen und Interpret:innen sichtbar.

Das Landesmuseum Württemberg zeigt in seiner Ausstellung „Fashion?! Was Mode zur Mode macht“, Mode und ihre ungewöhnlichen, flexiblen, transformierenden Möglichkeiten. Dabei wird die Unterschiedlichkeit der Macher:innen, Träger:innen und Interpret:innen sichtbar. Daneben erfolgt auch eine kritische Auseinandersetzung mit den Auswirkungen von Mode auf Globalisierung, Umwelt und Klima. Der Fokus der Ausstellung liegt darauf, den Besucher:innen die weite Welt der Mode mit all ihren Aspekten und den Rollen, die sie in unserem Leben spielt, zu verdeutlichen. 

„Fashion?! Was Mode zur Mode macht“ – Eine Modeausstellung

Das Landesmuseum Württemberg beherbergt neben der Schatzkammer die Legendären Meisterwerke zur Kulturgeschichte Württembergs, den Glaskeller und das Uhrengewölbe. Eines der Zweigmuseen ist das Modemuseum im Residenzschloss Ludwigsburg. Der Fokus der Ausstellung im Alten Schloss in Stuttgart liegt auf der jüngeren Mode: weg vom Klischee der Stola und des ersten Büstenhalters hin zu einer Mode, die Genderklischees bricht und keiner starren Kategorie zugeordnet werden muss. 

Die Kurator:innen der Ausstellung Maaike van Rijn, Agnes Obenhuber und Raffaela Sulzner thematisieren zum einen die jüngere Modegeschichte der 1950er Jahre bis heute. Neben bekannten Modedesigner:innen, spielen die Träger:innen von Haute Couture bis Sandalen eine wichtige Rolle. Dabei kommt auch die kritische Auseinandersetzung des Konsums sowie die ökologische Herstellung unserer Lieblingsstücke nicht zu kurz. 

Jeden Tag setzen wir uns mit Mode auseinander. Die einen mehr durch Social Media und Fashionweeks, die anderen mit dem Statement auf einem schlichten T-Shirt. So viel sei vorweggenommen: Jede:r hat etwas mit Mode zu tun, die Interpretation ist das Entscheidende. In den dunkel gehaltenen Ausstellungsräumen angekommen, müssen sich die Besucher:innen an das gedämpfte Licht gewöhnen. Viele der Objekte sind lichtempfindlich und dürfen nur einer gewissen Beleuchtungsstärke ausgesetzt werden. Die Besucher:innen werden behutsam an die Mode herangeführt. 

Blick in die Ausstellung "Fashion?! Was Mode zu Mode macht"
„Mode tragen“: Kleiderschränke – Am I Fashion?! GLA 2020: „Fashion?! Was Mode zu Mode macht“ © Landesmuseum Württemberg, Hendrik Zwietasch

Besucher:innen auf der Reise zu ihrem Modetyp 

Die Ausstellung lässt die Besucher:innen auf spielerische Weise sich selbst bestimmten Modetypen zuordnen. An jedem größeren Themenblock können sie sich der Thematik entsprechend ein auf ein Klebeband aufgedrucktes Logo aussuchen, das sie am Ende der Ausstellung auswerten. Kategorien können etwas Positives sein, sie bieten uns die Möglichkeit einzuordnen, aber auch zu kombinieren. Eine Fashionista ist der Inbegriff eines modebewussten Lebens, das sportlich und elegant geprägt ist mit klassischen Nuancen und sich gleichzeitig bei Elementen aus allen möglichen Stilrichtungen bedient. Am Ende der Ausstellung kommt man zu einer Klassifizierung der verschiedenen, gesammelten Aufkleber und kann sich so ein Bild des eigenen Mode-Ichs machen. Zudem bekommen die Besucher:innen einen Einblick in vier verschiedene Kleiderschränke, deren Besitzer:innen einen genauen Stil verfolgen. Die Auswertung übernimmt jede:r selbst und kann diese mit den eigenen Kleiderschränken vergleichen. Deutlich wird, dass kein:e Fashionista der:die anderen gleicht und jede:r einen klassischen, zeitlosen Stil anders interpretieren kann und darf. 

Ein T-Shirt – Ein Statement 

Am Anfang der Ausstellung wird der:die Besucher:in von unterschiedlichen T-Shirts empfangen. Von Werbefläche über politische Aussage bis hin zum persönlichen Statement wird jedem Modemuffel klar, dass auch hier viel mehr Mode drinsteckt als man annehmen mag. Das T-Shirt spielt eine tragende, transformierende und sprechende Hauptrolle mit Aussagekraft. Ein Bespiel ist das Objekt „100% Super Yaya“, das von der Designerin Rym Beydoun entworfen wurde. Sie will damit das Vorurteil afrikanischer Textilien in der westlichen Welt aushebeln und zeigen, was jenseits der Batikstoffe möglich ist. Mit dem europäischen Streetstyle verwandelt sie ihre Schnitte in eine neue Kultur. Durch das Sammeln und Aufkleben der Sticker aus den interaktiven Frage-Boxen wird die eigene Kleidung – bunt beklebt mit persönlichen Statements – zum eigenen Statement-Shirt, das man aus der Ausstellung heraus mit nach Hause nimmt. 

Blick in die Ausstellung "Fashion?! Was Mode zu Mode macht"
„Mode tragen“ mit „Kleiderhimmel“ zum Thema ModekonsumGLA 2020: „Fashion?! Was Mode zu Mode macht“ © Landesmuseum Württemberg, Hendrik Zwietasch

Hanf und Kartoffelsack sind keine Alternative der Konsumkultur 

Neben der Schönheit der Mode wird den Besucher:innen an zwei Stellen der Ausstellung vor Augen geführt, welchen umweltschädlichen Einfluss die Mode auf die Welt hat. Hier werden innovative Alternativen vorgeschlagen, die eine Zukunft haben können, wenn wir bereit sind, unser Konsumverhalten zu überdenken. Mit einfachen Hilfsmitteln von Zahlen und Fakten, hilft die Ausstellung das eigene Konsumverhalten zu hinterfragen und macht erlebbar, wie es ist, Teil der zerstörerischen globalen Modeindustrie zu sein. Dabei zeigen die alternativen Modelle, dass grüne Mode nichts mehr mit dem Klischee des Kartoffelsacks gemeinsam hat und sich Modebewusstsein heute durchaus mit ökologisch hergestellter Kleidung vereinbaren lässt. 

Mode für alle 

Die Ausstellung „Fashion?! Was Mode zu Mode macht“ zeigt deutlich, dass androgyne Mode, anziehend, lebendig und schön sein kann und dabei die Aussagekraft nicht verliert. Ein junger Modedesigner, Tommy Dombrowski, beschäftigt sich mit der Transformation einer Person in eine Drag Queen und nimmt dabei von der Recherche zur queeren Kultur über den Schnitt bis hin zum fertigen Kleid alles in den Blick. Durch die „ausdrucksstarke Kollektion“ will sich Dombrowski als Modedesigner herausnehmen und dem Träger:in die Persönlichkeit zurückgeben. Des Weiteren wird deutlich, wie lang der Weg eines einzelnen Kleidungsstückes von der Idee über den Schnitt bis hin zur fertigen Kollektion ist. 

Durch die Ausstellung werden immer wieder Geschlechterklischees bewusst aufgebrochen und neu sortiert, ob in der Glamourmode oder im Alltagsleben, der Rock gehört nicht der Frau. Ein besonderes Kleid hat im Jahr 2015 ganz Europa davon überzeugt, in einer neuen Ära angekommen zu sein, nachdem Conchita Wurst den Preis des Eurovision Song Contest in einem hautengen, weißen Abendkleid nach Österreich holte. Dass Mode an Geschlechterbilder geknüpft ist, ist auch heute noch in unseren Köpfen verankert, weshalb sich die Ausstellung ein Aufbrechen von diesen Rollenbildern zum Ziel gesetzt hat – für einen offenen Umgang mit Mode, der es jedem Menschen ermöglicht, mit Kleidung die eigene Persönlichkeit zu leben. 

Catwalk mit Voguing-Film "Strike a Pose"
Catwalk mit Voguing-Film „Strike a Pose“GLA 2020: „Fashion?! Was Mode zu Mode macht“ © Landesmuseum Württemberg, Hendrik Zwietasch

Die Vorbilder einer Generation – hier werden Träume wahr 

Vorbilder prägen nicht nur einzelne Personen, sondern ganze Generationen. Immer wieder trifft man in der Ausstellung auf Vorbilder, die generationsübergreifend weltbewegende Mode designt, getragen oder verbreitet haben. Unter #fashionicons finden sich Modevorbilder und Stilikonen. Ein Highlight, das die Besucher:innen zum Staunen bringt, ist eine schwarze Samtrobe mit ausladendem Rock. Keine geringere als Elisabeth von Österreich, kurz Sissi, trug in den 1860er Jahren dieses Kleid. Die Robe zeigt durch ihren schweren Stoff die volle Eleganz ihrer Trägerin, aber auch, welches Leid hinter so einer engen Taille steht. Getragene Einzelstücke der Stilikonen lassen sich fast zum Greifen nahe betrachten und bilden der Mittelteil der Ausstellung. 

Fazit zur Ausstellung „Fashion?! Was Mode zur Mode macht“

Mode ist individuell. Die Ausstellung regt zum Überdenken des eignen Stils an, aber auch zur Reflexion des eigenen Kaufverhaltens, egal ob man sich selbst zu den Fashionistas zählt oder doch eher zur Gruppe der Modemuffel gehört. Wir können durch unsere Kleidung unsere Persönlichkeit zum Ausdruck bringen. Dabei kann ein Kleidungsstück durchaus emotional aufgeladen sein – die Anlässe zu denen wir sie tragen, verbinden sich innerhalb der erlebten Gefühlswelt ganz automatisch mit ihnen. In ihren diversen und vielfältigen Perspektiven beleuchtet die Ausstellung zudem gesellschaftspolitische Themen wie Ausschlusskriterien der Mode durch Konfektionsgrößen, Schönheitsideale oder Geschlechternormen. Die Ausstellung inspiriert die Besucher:innen dazu, sich selbst in der Welt der Mode zu entdecken, aber auch, Aspekte kritisch zu hinterfragen – der Blick auf die Mode ist nach dem Besuch der Ausstellung auf jeden Fall geweitet. 

Die Ausstellung „Fashion?! Was Mode zur Mode macht“ im Landesmuseum Württemberg ist noch bis zum 24. April 2022 zu sehen.