Paul-Ludwig Dolmetsch & Sebastian Priester im Albmalermuseum

Kurz vor beginn der Corona-Pandemie eröffnete die Werkschau von Paul Ludwig Dolmetsch im Albmalermuseum. Wie so viele Ausstellungen wurde sie immer wieder verlängert – zum Glück– denn so konnten wir sie Anfang Juni noch besuchen!

Kunst auf der historischen Alb

Das Alte Lager in Münsingen liegt idyllisch auf der Schwäbischen Alb. Im historischen Gebäude OF 7 verbirgt sich das Albmalermuseum, in dem nichts von White Cube und durchgestylter Museumsarchitektur zu spüren ist. Das Gebäude interagiert mit den ausgestellten Werken – und andersrum. Das ist vor allem in der Sonderausstellungsfläche im Erdgeschoss zu spüren: Abgeplatzte Farbe und durchschimmernde Backsteine strukturieren die Wände und Decken, der eigenwillige Zuschnitt der Räume erzählt die Geschichte des Gebäudes und verleiht der Ausstellungsfläche einen ganz eigenen Charakter.

Farbe als Material

Die Werke von Paul Ludwig Dolmetsch scheinen sich im Dialog mit dem Gebäude zu befinden. Satte Farben, einfache geometrische Formen und grober, fast pastoser Farbauftrag geben den Leinwänden Struktur und lassen das Material zum Bedeutungsträger werden. Der grobe Farbauftrag, mal flächig nach dem Malen wieder abgeschabt, mal dickflüssig und reliefartig, nimmt die Strukturen der historischen Mauern auf und imitiert die historisch gewachsenen Spuren der Nutzungsgeschichte der Räume auf der Leinwand.

Blick in die Ausstellung. ©Foto: Maik Hanicz.
Blick in die Ausstellung. ©Foto: Maik Hanicz.

Auf der Suche nach Kompositionsprinzipien

Eine zweite Werkgruppe beschäftigt sich speziell mit Kreisen. Wie entstehen harmonische Kompositionen, wenn nur eine geometrische Form zur Verfügung steht? Durch die Anordnung der Kreise über- und nebeneinander, teils überlappend, geht Paul-Ludwig Dolmetsch dieser Frage nach. Als Hilfsmittel stehen ihm verschiedene Farben zur Verfügung. Das Ergebnis sind Kreis- und Farbkompositionen, die in sich geschlossen wirken. Und doch stehen sie in ihrer Annäherung an organische, natürliche Harmonien im Dialog mit der Natur der Schwäbischen Alb, die durch die unverhangenen Museumsfenster immer wieder sichtbar wird.

Bunt und schrill: Pop Art auf der Alb

Während die Werke Dolmetschs versuchen sich der Bildlichkeit zu verweigern, nimmt Sebastian Priester Bilder aus verschiedenen Kontexten und fügt sie collagenhaft auf übergroßen Pop-Art-Leinwänden zusammen. Wenn sie in den kleinen Räumen des Museums komplette Wände bedecken, erhalten sie dadurch beinahe Installationscharakter. So gesellen sich Helden aus Comics zu Jesusmotiven, werden von brüllenden Affen umrahmt und graffitihaft vom Künstler kommentiert. Die bunten Tiere und freundlichen Skelette scheinen eine tiefere Botschaft vermitteln zu wollen, doch je weiter sich der/die Betrachtende nähert, desto unklarer werden die Storylines dieser riesigen Wimmelbilder.

Gegensätze ziehen an

Der krasse Gegensatz zwischen den schlicht komponierten Werken Dolmetschs mit den bunten Figurensammlungen Priesters machte den besonderen Reiz der Ausstellung aus. Zunächst unvereinbar scheinend, eröffneten sich den Kunstbeobachter*innen feine Verbindungslinien zwischen den beiden Künstlern. Etwa bei den Werken Priesters, die leisere und ernsthaftere Töne anschlugen oder bei den farbigen Leinwänden Dolmetschs, die in Annäherung an bekannte Bildsprachen Motivreihen generierten.

Über die Künstler

Paul Ludwig Dolmetsch, geboren 1935 in Reutlingen, arbeitete bis 2001 als Architekt und widmete sich dann der Malerei. Es folgten mehrere Einzelausstellungen in Metzingen, Herrenberg und Reutlingen. 

Sebastian Priester, geboren 1978 in Tübingen, studierte das Fach Visuelle Kommunikation und begann nach dem Studium mit der Malerei. Seine Arbeit als Grafikdesigner findet immer wieder den Weg in seine Werke, er lebt und arbeitet in Stuttgart und Berlin.
http://www.sebastianpriester.de

So findet ihr zur Museumshomepage: www.albmaler.de